Peine: Interview mit Kulturring-Geschäftsführerin Bettina Wilts

Die Corona-Pandemie hat die Kulturszene besonders schwer getroffen. In der Serie „Auf einen Gühwein mit...“ sprach PAZ-Redakteuerin Kerstin Wosnitza mit der neuen Geschäftsführerin des Peiner Kulturrings, Bettina Wilts, über ihre ersten Monate in der Fuhsestadt unter diesen besonderen Bedingungen – und über die Planungen für das kommenden Jahr. Frau Wilts, Sie haben die Geschäftsführung des Kulturrings in denkbar schwierigen Zeiten übernommen. Wie haben Sie die ersten Monate erlebt? Ich bin ja nicht nur Geschäftsführerin, sondern auch Theaterleiterin, und es ist schon merkwürdig, ein Theater ohne Theater zu leiten, wenn nichts so richtig stattfinden kann. Ich habe mich sehr auf die erste Vorstellung in den Festsälen am 24. September gefreut. Endlich geht es los….Da konnte ich mir nicht vorstellen, dass wir nach nur wenigen Wochen wieder schließen müssen. Na ja, zu Beginn ist immer alles neu und ungewohnt, egal ob mit oder ohne Corona, aber der Nebel lichtet sich. Außerdem habe ich es ja so gewollt, ich hätte ja auch gemütlich in Bad Hersfeld bleiben können. „Mir ist kein Fall von Ansteckung in einem Theater bekannt“: Kulturstätten wie die Festsäle und das Forum in Peine sind vom zweiten Lockdown schwer getroffen. Seit Anfang November sind keine Veranstaltungen möglich. Halten Sie diese Entscheidung für angemessen? Mir ist kein einziger Fall von Ansteckung in einem Theater bekannt, da wir alle sorgfältige und strenge Hygienevorgaben einhalten und viele Kompromisse eingehen. Da bringt das Verbot nicht viel. Aber die Frage stellt sich nicht, da es nun mal nötig scheint. Jammern nützt nichts, aber ich bin in großer Sorge, weil es nicht nur Auswirkungen für uns hat, sondern auch für unsere Abonnenten und Besucher, die nicht ins Theater gehen dürfen, die ihre Tickets zurücksenden müssen, und die nicht wissen, wann es weitergeht. Glühwein oder Lumumba? Könnte ich auch einen Tee bekommen? Crêpe oder Schmalzkuchen? Crêpes mit Käse. Ich habe eine Crêpe-Pfanne und meistens gibt es solche. Die schmecken mir einfach am besten. Bratwurst oder Eintopf? Das kommt darauf an, wer es zubereitet hat und wie es riecht. Bei meiner Mutter und meiner Freundin Dagmar schmeckt Eintopf erstklassig, das kann ein öffentlicher Ausschank nicht toppen. Und mein letztes Weihnachtsmarkt-Würstchen war ziemlich verkokelt.... Die Vorbereitungen für die nächste Spielzeit laufen sicher auf Hochtouren. Wie plant man angesichts der aktuellen Planungsunsicherheit? Na, jetzt erst recht! Die neue Spielzeit startet im September, und bis dahin hat sich doch die Lage entspannt. Meinen Sie nicht? Es soll eine ganz besondere Spielzeit werden, denn es gibt ein Jubiläum: Im Mai 2022 werden die Peiner Festsäle 100 Jahre alt. Das will ich natürlich mit unseren Abonnentinnen und Abonnenten feiern und nicht Trübsal blasen. „Stadt und Landkreis Peine haben uns nicht hängen lassen“: Monatelang gab und gibt es keine Einnahmen aus Ticketverkäufen und aus Vermietungen an andere Veranstalter: Wie kommt der Kulturring Peine finanziell durch diese Krise? Das Vermietungsgeschäft im Forum läuft die ganze Zeit, wenn auch stark reduziert. Wir haben keine Ticketeinnahmen, aber auch keine Gastspiel-Honorare zu zahlen. Das reicht aber nicht. Zum Glück haben uns weder die Stadt noch der Landkreis hängen lassen und uns großzügig unter die Arme gegriffen. Das ist großartig und keineswegs selbstverständlich. Und natürlich halten wir nach Fördermöglichkeiten Ausschau. Haben Sie Kontakt zu den Bühnen, Ensembles oder auch Einzelkünstlern, die in „normalen“ Jahren schon so viele Peiner mit ihren Inszenierungen und Konzerten erfreut haben und nun so ausgebremst sind? Wie ist die Stimmung? Da ich an unterschiedlichen Theatern gearbeitet habe, bin ich mit vielen Schauspielerinnen und Schauspielern, Technikern, Regisseuren, Musiker, Bühnenbildnern und Ensembles befreundet, kenne etliche Theaterleiter und bin hier im Daueraustausch. Viele davon kennen die Festsäle oder waren bereits hier. Leider sind die Künstler, allen voran die kurzfristig beschäftigten Darsteller, die Schwächsten in der Reihe. Viele wissen nicht, wie es weitergeht, haben kaum Perspektiven, müssen ihre Rücklagen – vielleicht für die Rente – angreifen. Mitunter werden sie sogar gefragt, ob sie nicht mal ohne Gage oder für weniger spielen können, weil es den anderen schlecht geht. Da gibt es unerhörte Dinge! Na ja, vielleicht sollte ich meine Autowerkstatt auch mal fragen, ob sie gratis für mich arbeitet, weil die Zeiten so schlecht sind! „Die permanente Unsicherheit ist schwierig“: Und wie geht es Ihnen und Ihrem Team in dieser schwierigen Zeit? Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf das Jahr 2020 zurück - und auf 2021 voraus? Die permanente Unsicherheit, weil wir nicht wissen, wann genau es weitergeht, ist schwierig. Erst haben wir auf den Dezember gehofft, nun auf den Januar… das legt sich auf das Gemüt und macht keinen froh. Wir lassen die Köpfe nicht hängen und versuchen, die Zeit zu nutzen für Reparaturen, Erledigungen und alle möglichen Arbeiten, die längst mal gemacht werden müssen – also für alles, wofür wir hoffentlich im nächsten Jahr, wenn Theater wieder erlaubt ist, keine Zeit mehr haben werden. Wir schauen einfach nach vorn und hoffen auf 2021. Was wünschen Sie sich für das neue Jahr? Ich wünsche mir und hoffe, dass uns unsere Abonnentinnen und Abonnenten die Treue halten und diese Krise gemeinsam mit uns durchstehen, damit es auch weiterhin Theater, Musik, Konzerte, Kabarett und vieles mehr in und für Peine geben wird. 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