Peine: Gedanken zum Sonntag von Thorsten Lange

Als Pastor geschieht es mir immer wieder einmal, dass ich aufs Beten angesprochen werde. Mancher erzählt, dass er jeden Abend ein Vaterunser spricht, andere halten die Tradition des Tischgebets in ihrem Familienalltag wach, wieder andere haben das Beten aufgegeben. Eine Frau sagte zu mir: „Eigentlich rede ich schon viel mit Gott, aber er antwortet mir halt nicht.“ War’s so dahingesagt oder war sie ehrlich enttäuscht? Hat sie nicht Recht mit ihrer Erwartung: wenn Beten Reden mit Gott ist, dann soll er sich gefälligst auch mal zu Wort melden. Gott alles sagen zu können, gut und schön, aber wenn nie eine Antwort kommt, kann’s doch auch sein, dass da gar keiner ist, der mir zuhört. Von einer anderen Erfahrung mit dem Beten schreibt der dänische Philosoph Sören Kierkegaard: „Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen. Zuletzt wurde ich ganz still. Ich wurde ein Hörer. Ich meinte erst, Beten sei Reden. Ich lernte aber, dass Beten nicht bloß Schweigen ist, sondern Hören... Beten heißt still werden und still sein und warten, bis der Betende Gott hört.“ Für Sören Kierkegaard geht der Weg zu einem erfüllten Gebet durch die Stille. Ein langer Weg, der Übung braucht. Wenn ich versuche zu beten, fällt es mir oft genug schwer, wirklich still zu werden. Ich muss und will keine eigenen Worte finden, aber da sind ja noch meine Gedanken, die mir durch den Kopf schwirren. Verschwindet einer, macht sich der nächste breit und fordert Aufmerksamkeit. Ich versuche, sie dann anzuschauen wie Treibgut auf einem Fluss: ich nehme sie wahr und lasse sie ziehen – was manchmal leichter gesagt als getan ist. Dabei sage ich in der Stille beim Ein- und Ausatmen anfangs nur zwei Worte oder kurze Sätze. Jesus … Christus. Oder: Quelle … des Lebens. Oder: Du in mir … Ich in dir. Manchmal komme ich so nach und nach zu einer tiefen Ruhe. Schon das tut gut. Wenn ich dann immer stiller werde und gedankenleer, erlebe ich Gottes Antwort auch ohne Worte. In der Stille erfahre ich ihn in einer Kraft, die mich trägt und freimacht und zugleich mit allem verbindet. Von Thorsten Lange, Pastor in der Nordregion Peine

Gedanken zum Sonntag - Vom Beten und Hören