Mit 109 ist Schluss in Peine: „Wäsche-Peix“ schließt, Blumen kommen

109 Jahre alt ist sein Geschäft, er selbst auch schon 67: Da darf man ruhig mal in Rente gehen, findet Rolf Peix. Im Februar nächsten Jahres wird er deshalb die Türen eines der ältesten Peiner Geschäfte für immer schließen: „Wäsche-Peix“ an der Ecke Gröpern/Lindenstraße ist dann Geschichte, doch einen neuen Leerstand in Peines Fußgängerzone wird es dadurch nicht geben. Tulpen und Gestecke statt Unterhemden und Nachtwäsche heißt es dann: Edgar van Beekhuizen zieht mit seinem Geschäft „Blumen aus Holland“ ein. Das Gebäude, in dem er derzeit seine Floristik anbietet, wird schließlich im Zuge des Lindenquartier-Neubaus abgerissen. Froh über reibungslosen Übergang: 26 Jahre führt Rolf Peix das Familienunternehmen bereits, das einst sein Großvater Friedrich Peix 1911 gegründet hatte und welches seine Mutter Elsa ab 1955 zu einem Markenzeichen der Peiner Innenstadt machte. Einfach sei ihm daher der Entschluss, eine Ära zu beenden, nicht gefallen. „Na klar macht man sich darüber Gedanken“, sagt Rolf Peix. Und wenn es nicht die Anfrage seines Nachbarn Edgar van Beekhuizen gegeben hätte, „hätte ich weitergemacht“. Doch weil fraglich gewesen wäre, ob er auch in ein paar Jahren einen Mieter gefunden hätte, fiel der Entschluss, jetzt aufzuhören. „So haben wir einen reibungslosen Übergang, ob ich in drei Jahren einen Mieter gefunden hätte, hätte mir niemand garantieren können.“ Marathon statt Geschäftsführung: Nach dem Ende des Corona-Lockdowns startet Rolf Peix ab dem 11. Januar den Räumungsverkauf auf seinen 90 Quadratmetern Fläche. Ende Februar ist dann Schluss. Zwei seiner drei Mitarbeiterinnen werden wie er in den Ruhestand gehen. Rolf Peix freut sich drauf, die dazu gewonnene Freizeit sportlich zu nutzen. „Ich würde gerne noch einen Marathon unter 3.45 Stunden laufen“, verrät der gebürtige Peiner, der inzwischen in Hildesheim lebt. Auch beim Badminton schmettert er den Federball, möchte sich im Ruhestand zudem gerne ehrenamtlich engagieren und ein besonderes Projekt angehen: den Umbau eines VW-Busses zum Campingbus. Die Maxime: „Der Kunde ist König“: Einst hatte Peix als EDV-Experte bei der Tui gearbeitet, seine Zeit als Selbstständiger genoss er, „weil ich mir meine Zeit selbst einteilen konnte“. Das Geschäft mit Wäsche sei allerdings im Laufe der Zeit immer schwieriger geworden. Schiesser-Unterhemden oder BHs – bis in die 1980er-Jahre war klar, die kaufte man bei Peix. „Doch dann eroberten auch Discounter den Markt“, merkt Peix an. Später folgte die Konkurrenz aus dem Internet. „Einen Spontankauf gab es fast gar nicht mehr, auch keinen klassischen Stadtbummel“, stellte Peix fest. Er war deshalb froh, auf die Stammkunden zählen und 2011 den 100. Geburtstag von „Wäsche-Peix“ feiern zu können. Lesen Sie auch Tötungsdelikt: Richter erlässt Haftbefehl gegen Peiner Peine: Diese Restaurants im Landkreis Peine bieten Weihnachtsmenüs an Deko und Kaffee: Peiner Blumenhändler vergrößert Geschäft Erleichterung über Hertie-Brachen-Abriss: Wie es ein Einzelhandelsunternehmen schafft, so alt zu werden? „Indem man nicht den größtmöglichen Gewinn zu seiner Maxime macht, sondern den langfristigen Erhalt des Unternehmens“, hatte Peix einst dazu gesagt. Kundenorientiert arbeiten und Wünschen gerecht werden. „Nur so kann man überstehen“, sagt er auch heute. 109 Jahre „Wäsche-Peix“: Im Mai 1911 gründete Friedrich Peix das Unternehmen, dessen Firmensitz zunächst das Gebäude der späteren Ilseder Bank an der Braunschweiger Straße war. In den 1920er-Jahren zog das Geschäft bereits an die heutige Stelle um. Rudolf Peix übernahm die Geschäftsführung. Nach dessen plötzlichem Tod übernahm Elsa Peix 1955 das Geschäft und stand auf einmal vor der schweren Aufgabe, zwei kleine Kinder groß zu ziehen und mittlerweile zwei Geschäfte zu führen. „Diese Doppelbelastung, die ihr Leben bestimmte, meisterte sie mit Bravour. Als erfolgreiche Geschäftsfrau war meine Mutter eine sehr bekannte Persönlichkeit in Peine, sie war mit Herzblut dabei“, lobt ihr Sohn Rolf, der 1994 das Wäsche- und Dessous-Fachgeschäft übernahm. Aus Altersgründen beendet er die Ära „Wäsche-Peix“ im Februar 2021. Er wünscht der Peiner Innenstadt, dass sie es trotz Online-Konkurrenz schafft, interessant zu sein. „Sie muss Event-Charakter haben, die Leute müssen einen Grund haben, in die Innenstadt zu gehen“, sagt Peix, der überzeugt ist, dass der Neubau des Lindenquartiers samt Abbruch der Hertie-Brache in direkter Nachbarschaft dazu beitragen kann. „Endlich wird dieses Lindenquartier gebaut, seit zwölf Jahren musste ich diese Situation mit durchleiden.“ Von Christian Meyer