Lüder Richter: „Wölfe sind genauso gefährlich wie andere Wildtiere“

Die Rückkehr der Wölfe in Niedersachsen polarisiert. Die einen sehen darin eine Erholung der Natur, die anderen eine Gefahr für Nutztiere und Menschen. In der Serie „Auf einen Glühwein mit...“ sprach PAZ-Redakteurin Mirja Polreich mit dem ehrenamtlichen Wolfsberater Lüder Richter über den Wolf, das Vieh und Urängste der Menschen. Herr Richter, den „bösen Wolf“ aus Grimms Märchen Rotkäppchen kennt wohl jeder. Gibt es eine Ur-Angst vor dem Wolf? Ich glaube nicht! Denn die meisten Menschen, mit denen ich im Rahmen meiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Wolfsberater gesprochen habe, haben mir keine Angst vor dem Wolf vermittelt. In diesen Tagen gibt es immer wieder Meldungen von Wolfssichtungen, auch nahe von Wohnsiedlungen. Tierhalter sorgen sich um ihr Vieh. Ist die Angst vor dem Wolf berechtigt? Selbstverständlich ist die Angst der Tierhalter berechtigt! Um so unabdingbarer sind die erforderlichen wolfsabweisenden Schutzzäune mit stromführenden Leitungen, auch als Überkletterschutz, für alle betroffenen Nutztiere herzustellen. Keine im Kreis Peine ansässigen Wölfe: Wie viele Wölfe gibt es in unserer Region? Zurzeit gibt es in unserer Region, im Landkreis Peine, keine etablierten Wölfe. Auch anhand der bisher aufgenommenen Nutz- und Wildtierrisse sowie der diversen gemeldeten Sichtungen und anderen gemeldeten Merkmale wie Losung und Haare eines Wolfes kann man zurzeit nicht von ortsansässigen Wölfen in unserem Landkreis Peine ausgehen. Aber in benachbarten Kreisen gibt es durchaus Wolfsrudel und einige Tiere machen sich auf den Weg in den Landkreis Peine, was Nutztier-Risse belegen. Müssen wir uns darauf einstellen, dass er auch in Peine heimisch wird? Ich gehe bisher davon aus, dass die Wölfe, die hier für die Risse verantwortlich sind und auch hier gesichtet wurden, Wölfe sind, die quasi unseren Landkreis besucht haben oder nur durchgezogen sind. Das von uns aus gesehen nächste Wolfsrudel hat sich im Burgdorfer Holz etabliert. Weitere Rudel haben sich im weiträumigen Bereich von Celle niedergelassen. So werden sich auch in absehbarer Zeit in unserem Landkreis Peine Wölfe ansiedeln. Wieso nimmt die Zahl der Tiere so stark zu? Die Wölfe haben sich allgemein gut in unsere Kulturlandschaft eingelebt. Das hohe Nahrungsangebot und die nicht so strengen Winter haben dazu beigetragen, dass die Zuwachsrate bei den Wölfen nach wie vor bei etwa 30 Prozent pro Jahr liegt. Niedersachsen will den Wolf ins Jagdrecht aufnehmen. Wie beurteilen Sie das? Bei der Übernahme des Wolfes ins Jagdrecht würde sich für den Wolf zunächst nichts ändern. Damit bleibt der ganzjährige Schutz für den Wolf bestehen! Eine Änderung des Schutzes kann nur auf europäischer Ebene zustande gebracht werden. Das heißt, hier kann die Niedersächsische Regierung nur mit der Bundesregierung gemeinsam mit den zuständigen europäischen Gremien über eine Aufweichung des Schutzes für den Wolf verhandeln. Wölfe leben sehr familiär: Wie leben Wölfe und wie verhalten sie sich? Wölfe leben in Rudeln und verhalten sich sehr familiär, das heißt, beide Alttiere versorgen die Welpen. Sobald weitere Welpen hinzukommen, werden diese auch von den Jährlingen, den Welpen aus dem Vorjahr, mitversorgt. In der Folgezeit, wenn weitere Welpen hinzukommen, wandern ältere Jährlinge ab und suchen sich einen Partner beziehungsweise eigene Territorien. Sind Wölfe für Menschen gefährlich? Wölfe sind genau so gefährlich wie andere Wildtiere. Die Gefahr für die Menschen ist aber nach wie vor als sehr gering einzustufen. Sind Sie schon mal einem Wolf in freier Wildbahn begegnet? Hier bei uns im Landkreis Peine noch nicht. Muss man damit rechnen, beim Waldspaziergang einem Wolf gegenüber zu stehen? Die Wahrscheinlichkeit ist sehr, sehr gering, da Wölfe, wie auch andere Raubtiere, hauptsächlich in der Nacht oder auch in den sehr frühen Morgen- beziehungsweise in den Abendstunden unterwegs sind. Selbstverständlich gibt es ab und an auch mal eine Ausnahme. Was wäre in so einem Fall zu tun? Bei einer Begegnung rate ich folgende Verhaltensregeln zu beachten: Zunächst – wer unterwegs ist, sollte Wölfe auch erkennen können. Typische Merkmale sind lange, hohe Beine, eine 60 bis 90 Zentimeter hohe Schulter, lange Schnauze, dunkle Stirn, eher dreieckige Ohren mit starker Innen-Behaarung, eine gerade Rückenlinie, ein dunkler Rückensattel, eine helle Unterseite und eine hängende Rute mit dunkler Spitze. Wer – auch wenn es unwahrscheinlich ist – einem Wolf begegnet, sollte in keinem Fall weglaufen. Er sollte stattdessen dem Wolf die Möglichkeit geben, auszuweichen, den Abstand zum Tier durch Rückwärtsgehen vergrößern, laut sprechen, in die Hände klatschen, mit den Armen wedeln. Folgt der vermeintliche Wolf dennoch, sollte man laut schreien, sich „größer machen“ und mit Handstock, Ast oder Rucksack auf den Boden schlagen, wenn möglich. Hunde müssen in jedem Fall angeleint werden. Lesen Sie auch: Lindenquartier-Start in Peine: Ole Siegel würde den Bagger am liebsten selber fahren Wölfe im Landkreis Peine – droht Gefahr? Ungewöhnlich: Wolf am helllichten Tag bei Harber gesichtet Glühwein oder Lumumba? Guten Glühwein! Crêpe oder Schmalzkuchen? Schmalzkuchen! Bratwurst oder Eintopf? Eintopf! Von Mirja Polreich