Kreis Peine: Lebenserwartung liegt unter dem deutschen Durchschnitt

Die Lebenserwartung liegt im Kreis Peine sowohl für Männer als auch für Frauen unter dem bundesweiten Durchschnitt. Dies geht aus einer jüngst veröffentlichten Studie des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung in Rostock hervor. Ursache für die Unterschiede seien vor allem sozioökonomische Faktoren, so der Wissenschaftler Prof. Roland Rau. Untersucht wurden im Rahmen der Studie 402 deutsche Landkreise. Zu beobachten sei ein deutliches Nord-Süd-Gefälle: Vor allem im Süden Deutschlands würden die Menschen länger leben, so das Ergebnis der Studie. Im bayerischen Landkreis Starnberg etwa werden Frauen im Schnitt 85,7 Jahre alt, Männer im Landkreis München erreichen durchschnittlich 81,2 Jahre. In Niedersachsen erreichen Frauen in der Region Hannover sowie den Landkreisen Stade und Harburg mit durchschnittlich 84,4 Jahren das höchste Lebensalter, Männer mit 79,6 Jahren in der Region Osnabrück und ebenfalls im Kreis Harburg. Im Kreis Peine hingegen erreichen Frauen im Schnitt ein Alter zwischen 81,7 und 83,1 Jahren, Männer zwischen 75,8 und 77,9 Jahren: Dies sei deutlich weniger als in den meisten umliegenden Kreisen der Region. Das Durchschnittseinkommen, die Dichte der Ärzte oder die Bevölkerungsdichte haben laut Rau in einem Landkreis einen weitaus geringeren Einfluss auf die Lebenserwartung als etwa die Quote der Hartz-IV-Empfänger oder die Arbeitslosenquote. Im Juni lag diese im Kreis Peine bei 5,4 Prozent, was allerdings weniger ist als der bundesweite Durchschnitt mit 6,2 Prozent. „Das wichtigste Fazit aus dieser Studie ist, dass die Verbesserung des Lebensstandards ärmerer Bevölkerungsteile und die Reduktion von Arbeitslosigkeit nach bisherigen Kenntnissen im Hinblick auf die Lebenserwartung von Männern und Frauen eine große Rolle spielen und bezüglich geplanter Maßnahmen noch mehr in den Fokus rücken sollten“, sagt Katja Schröder, Sprecherin des Landkreises Peine. „Lebenserwartung der Einwohner stetig erhöhen“: Arbeitslosigkeit, Kinderarmut, Wohngeld, Hartz-IV-Bezug und Grundsicherung im Alter würden eine relativ große Rolle in Bezug auf die Lebenserwartung spielen. „Unser Bestreben ist es daher, an den Stellschrauben, die wir als Landkreis beeinflussen können, weiter zu drehen, um die Lebenserwartung der Einwohnerinnen und Einwohner stetig zu erhöhen“, so Schröder. Obwohl laut Studie die Lebenserwartung im Landkreis Celle höher ist als die in Peine, mache sich dieser Unterschied in den Krankenhäusern der beiden Landkreise nicht bemerkbar, so Prof. Dr. Hans-Joachim Naurath, Chefarzt der Kliniken für Geriatrie, an den beiden AKH-Standorten in Celle und Peine. „In meiner täglichen Arbeit finde ich keine Hinweise darauf, dass unsere Patienten in Peine eine kürzere durchschnittliche Lebenserwartung aufweisen, als beispielsweise diejenigen, die wir in Celle betreuen. Es gibt nach meiner Wahrnehmung auch keine Unterschiede bezüglich des Krankheitsspektrums, an dem die Patienten an den beiden Standorten versterben“, sagt er. „Diese Aussagen beziehen sich jedoch auf meine subjektiven Wahrnehmungen und nicht auf wissenschaftliche Untersuchungsergebnisse.“ Untersucht wurden nur Bevölkerungsdaten: Die Autoren der Studie „Lebenserwartung auf Kreisebene in Deutschland“, Roland Rau und Carl P. Schmertmann, beschreiben laut Naurath sehr ausführlich die Datengrundlage und die möglichen Schwächen und potenziellen Fehlermöglichkeiten ihrer Analyse, um in diesem Licht ihre Ergebnisse zu diskutieren. „Dabei ist wichtig zu wissen, dass Bevölkerungsdaten und nicht Todesursachen Gegenstand der Untersuchungen waren“, unterstreicht der Chefarzt. Wichtigste Erkenntnis der Studie sei: Sozioökonomische Indikatoren auf Kreisebene, die auf die Situation ärmerer Bevölkerungsschichten verweisen – etwa Arbeitslosenquote, Wohngeldbezug, Hartz IV –, würden die Unterschiede in der Lebenserwartung besser erklären als das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, die Bevölkerungs- oder die Arztdichte. „Die Erkenntnis, dass es strukturelle Ungleichheiten und regionale Unterschiede bei den Lebensverhältnissen auch in einem wirtschaftlich gut aufgestellten Land wie Deutschland gibt und sich daraus negative Auswirkungen ergeben können, ist mittlerweile wohl auch in der Politik angekommen. Warum sonst hätten gleich drei Bundesministerien gemeinsam im letzten Jahr den ,Plan für Deutschland – Gleichwertige Lebensbedingungen überall’ vorgelegt?“, so Naurath. Von Dennis Nobbe