Kostenlose Masken für Risikogruppen: Ansturm auf Peines Apotheken

Als Mitarbeiterin Heide Wiedenroth Dienstag 20 Minuten vor Öffnung an ihrer Arbeitsstätte, der Dirk Apotheke in Edemissen, ankam, warteten die ersten Kunden bereits vorm Eingang. Gratismasken für 27 Millionen Bürger hat die Bundesregierung mit ihrer Maskenverordnung auf den Weg gebracht – und davon wollten auch viele Peiner Risikopatienten gerne profitieren. Der erwartete Ansturm kam gleich zum Auftakt, obwohl noch bis zum 6. Januar Zeit zum Abholen ist. Extra-Ausgabe am Seiteneingang: „Wir haben an einem Seiteneingang eine Extra-Ausgabestelle eingerichtet“, berichtete Apothekerin Wiedenroth. Wer drei kostenlose FFP2-Masken haben wollte, musste sich ausweisen oder einen Attest vorlegen. Denn die Masken sind für über 60-Jährige und Menschen mit bestimmten chronischen Erkrankungen gedacht (siehe Infokasten). Kollegin Andrea Netzel half bei der Ausgabe und stellte erfreut fest „dass die Kunden ganz brav“ angestanden hätten. Die Dirk Apotheke aus Edemissen ist eine von vier Apotheken unter dem Verbundnamen „Meine Landapotheke“ zu der auch Filialen in Groß Ilsede, Hohenhameln und Vöhrum zählen. Der kaufmännische Leiter Jörg S. Brüstle stellt fest, „dass ich seit gut einer Woche über fast nichts anderes spreche, als über FFP2-Masken“. Denn erst am Mittwoch vergangener Woche hatte das Gesundheitsministerium den Masken-Plan verkündet. In kürzester Zeit mussten die Apotheken die Ware ordern. „Wir setzen alle Hebel in Bewegung, die Telefone stehen nicht still, Montag haben wir noch einen Sprinter mit Masken aus Stuttgart abgeholt“, erläutert Brüstle. Zudem seien fünf Autos unterwegs, um befreundete Apotheken mit Nachschub zu versorgen, doch das hakt. Deshalb appelliert Brüstle auch eindringlich an die Kunden: „Wir brauchen Geduld, Verständnis und die nötige Ruhe von den Berechtigten.“ Bei der Lieferung von Nachschub hakt es: Das sieht auch Christine Büchner, die Leiterin der Hirsch-Apotheke, so. Innerhalb von rund zwei Stunden waren die noch vorhandenen Masken in der Apotheke in der Peiner Südstadt am Montag bereits vergriffen, doch Nachschub soll kommen. „Wir warten händeringend auf Lieferungen, die uns schon vergangene Woche zugesagt waren, doch alle Lieferanten kommen derzeit nicht hinterher“, sagt Büchner, die hofft, dass sich die Kunden-Nachfrage verteilt, denn Zeit zum Abholen ist noch bis zum 6. Januar. Alle Apotheken hätten in kürzester Zeit auf den Referenten-Entwurf des Gesundheitsministeriums reagieren müssen und seien mit den Bestellungen auf sich allein gelassen worden, deshalb ist Büchner auch froh, „dass der Großteil der Kunden sehr verständnisvoll ist“, wenn es noch nicht mit einer Maske geklappt hat. Kritik an Spahns Plan: Michael Gugel, der Inhaber der Peiner Sonnen-Apotheke, musste seine Kunden Dienstagvormittag sogar noch komplett vertrösten. „Ich weiß nicht, wie sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn das vorgestellt hat. Sein Plan geht nicht ganz auf: Zurzeit können wir unseren Kunden noch keine kostenlosen FFP2-Masken anbieten. Aufgrund der hohen Nachfrage gibt es bei uns Lieferverzögerungen. Zwar habe ich vergangene Woche 3000 FFP2-Masken bestellt – bis jetzt warten wir aber immer noch auf sie.“ Viele Kunden hätten sich aber bereits nach den kostenlosen Masken erkundigt. Ein Anspruch auf Schutzmasken besteht laut Bundesgesundheitsministerium, wenn die Versicherten das 60. Lebensjahr vollendet haben oder bei ihnen eine der folgenden Erkrankungen oder einer der folgenden Risikofaktoren vorliegt: Chronisch obstruktive Lungenerkrankung oder Asthma bronchiale Chronische Herzinsuffizienz Chronische Niereninsuffizienz Stadium ≥ 4 Demenz oder Schlaganfall Diabetes mellitus Typ 2 Aktive, fortschreitende oder metastasierte Krebserkrankung oder stattfindende Chemo- oder Radiotherapie Stattgefundene Organ- oder Stammzellentransplantation Trisomie 21 Risikoschwangerschaft Zum Abholen ist Zeit bis zum 6. Januar. Laut Informationen des Gesundheitsministeriums genügt dazu die Vorlage des Personalausweises „oder die nachvollziehbare Eigenauskunft über die Zugehörigkeit zu einer der Risikogruppen“. Zur Abholung könne auch eine andere Person bevollmächtigt werden. Im zweiten Schritt können Berechtigte ab 1. Januar weitere zwölf Masken erhalten. Dafür sollen sie von der Krankenkasse Coupons für zweimal je sechs FFP2-Masken bekommen – vorgesehen ist dafür dann ein Eigenanteil von jeweils zwei Euro für je sechs Masken. Den Bund kostet die Aktion insgesamt rund 2,5 Milliarden Euro. Übrigens: Immer wieder genutzt werden können FFP2-Masken nicht, darauf weisen auch Peines Apotheken noch einmal hin. „Wenn sie durchfeuchtet sind, ist es ein Wegwerf-Artikel“, heißt es aus der Dirk Apotheke. „Rund dreimal acht Stunden kann man eine FFP2-Maske in Gebrauch halten“, sagt Hirsch-Apotheken-Inhaberin Christine Büchner. Sie rät zum Beispiel dazu, die FFP-Maske zu nutzen, wenn Risiko-Patienten zum Beispiel Besuch vom Pflegedienst oder einem Physiotherapeuten erhalten oder andere unvermeidbare Dinge wie den Arzt-Besuch erledigen. „Die FFP2-Maske bietet nun mal einen deutlich höheren Schutz.“ Lesen Sie auch Aufnahme läuft! Kreismusikschule will mit Film Senioren überraschen Kreis Peine: Run auf Weihnachtsbäume Peine: Sieben-Tagesinzidenz ist leicht auf 93,5 gestiegen Wer keine Gratis-Maske erhält, kann sie übrigens auch kaufen. Im Internet gibt es geprüfte und zertifizierte FFP2-Masken im Zehnerpack bereits für weniger als drei Euro pro Stück. Inzwischen werden sie vielfach auch in Geschäften angeboten. Kunden sollten aber dringend darauf achten, dass die Produkte Prüfsiegel tragen. Von Christian Meyer und Nathalie Diana