In Corona-Krise: Robuste Bauindustrie stützt Peiner Träger

Die Aktionäre des Stahlkonzerns Salzgitter müssen wegen der schwierigen Lage für Unternehmen und Konjunktur erstmals seit dem Börsengang 1998 auf eine Gewinnbeteiligung verzichten. Auch bei Peiner Träger (PTG) ist die Lage angespannt. Konzernsprecher Bernhard Kleinermann erklärte am Rande der Salzgitter-Hauptversammlung am Mittwoch, dass es im ersten Halbjahr bei der PTG zu Beschäftigungslücken und Stillständen gekommen sei. Die Entwicklung der kommenden Monate hänge nun davon ab, inwieweit sich die Gesamtwirtschaft von den Corona-Auswirkungen erholt. Gleichwohl betonte er: „Da sich die Bauindustrie als Hauptabnehmer der PTG-Produkte im Gegensatz zur Automobilindustrie bis dato als recht robust erwiesen hat, sind die Auswirkungen des Corona-bedingten Konjunktureinbruchs auf Peine nicht gleichermaßen dramatisch ausgefallen.“ Kurzarbeit ist laut PTG-Betriebsrats-Chef Udo Meyer im Stahlwerk und der Walzenstraße in Anspruch genommen worden, durch Änderung von Abläufen habe man das Ausmaß allerdings begrenzen können. Genaue Zahlen wollte er nicht nennen. Insgesamt sei man „zwar nicht glücklich, aber beruhigter als in den Konzernbereichen Flach- oder Grobblech“. Große Unsicherheit im Markt: Im Markt für PTG-Produkte gebe es derzeit eine große Unsicherheit, erklärte Meyer. Vor allem sei nur schwer abschätzbar, in welchem Umfang neue Aufträge reinkommen. „Der PTG würde es zum Beispiel sehr helfen, wenn die Bahn ihr Brückenbauprogramm schnell umsetzen würden“, so der Betriebsratsvorsitzende. Die Bahn hatte zu Jahresbeginn angekündigt, bis 2030 neun Milliarden Euro in neue Eisenbahnbrücken zu investieren. Und davon könne auch Peine als Großlieferant für Stahlträger profitieren. Zu Geschäftszahlen für die PTG wollten sich weder der Konzern noch der Betriebsrat äußern. Nach PAZ-Informationen hält das Stahlwerk jedoch am 2013 definierten Jahresziel von einer Million Tonnen Stahl fest. Damals mussten 300 Beschäftigte gehen. Aktuell hat die PTG 787 Mitarbeiter, plus Auszubildende. Im Stahlwerk wird derzeit trotz aller Umstände im Fünf-Schicht-System rund um die Uhr produziert. Corona-Schutz kostete viel Energie: Viel Energie hat zuletzt die Umsetzung der Corona-Schutzmaßnahmen im Werk gekostet. „Jeder Arbeitsprozess musste genau unter die Lupe genommen werden, um dann zu überlegen wie wir die Sicherheit für den jeweiligen Bereich bestmöglich umsetzen“, so Meyer. Auf den Salzgitter-Konzern hatte die Viruskrise zwar bislang nur begrenzte Auswirkungen, sie wird sich nach Einschätzung der Konzernführung jedoch in den kommenden Quartalen niederschlagen. Zuletzt rechnete Salzgitter daher für 2020 mit einem „beträchtlichen, sehr wahrscheinlich dreistelligen“ Millionen-Euro-Verlust und einem „merklich“ reduzierten Umsatz. Eine genauere Prognose ist aus Sicht des Konzerns nicht möglich. „Aufgrund der vielen denkbaren Szenarien ist jeder Versuch Spekulation“, sagte Vorstandschef Heinz Jörg Fuhrmann bei der Online-Hauptversammlung. Konzern machte zuletzt 273 Millionen Euro Verlust: Salzgitter hatte aufgrund hoher Abschreibungen sowie Umbaukosten im Geschäftsjahr 2019 einen beträchtlichen Verlust verbucht. Unter dem Strich stand ein Fehlbetrag von 237,3 Millionen Euro – ein Jahr zuvor hatte noch ein Gewinn von knapp 278 Millionen Euro in der Bilanz gestanden. Bereinigt um Sonderfaktoren lag das Ergebnis vor Steuern bei 143 Millionen Euro und damit im Rahmen der Konzernprognose. Ein schwacher Stahlmarkt hatte die Zahlen im ersten Quartal 2020 aber weiter gedrückt. Dabei fiel ein Nettoverlust von 43,7 Millionen Euro an, nach einem Plus von fast 97 Millionen Euro im Vorjahr. Mit Blick auf Spekulationen über eine Fusion der Salzgitter AG etwa mit dem Konkurrenten Thyssenkrupp bekräftigte Fuhrmann: „Wir sehen aktuell kein Szenario, das unsere Situation im Vergleich zur Eigenständigkeit verbessern würde.“ Trotz Turbulenzen gebe es derzeit keinen Anlass für kurzfristigen Aktionismus und keinen Druck in diese Richtung. Von Michael Lieb