Gernot Hassknecht im Peiner Forum: Kult-Choleriker lässt Publikum jubeln

Schimpfen bis die Tränen fließen: Die Kultfigur Gernot Hassknecht hat auf der Peiner Forumsbühne am Mittwochabend bewiesen, warum er als beliebtester Choleriker der Republik gilt. Seine Tiraden gegen Politiker, das System und das Establishment trieben den Besuchern von „Jetzt wird’s persönlich“ im ausverkauften Forum die Lachtränen in die Augen. Immer ganz nah dran: Gut 160 Zentimeter geballte Wut traf den Nerv des Publikums und kniff immer wieder genüsslich in die Wunden. Dabei hielt sich Hassknecht nicht lange mit Vorreden auf: Ein Sprung auf die Bühne – und sofort war der mittlerweile 71-jährige Wutbürger sehr präsent. Offenbar immer ganz nah dran an den Sorgen und Nöten der Menschen, dabei das Große und Ganze im Blick, arbeitete sich der Meister der geschliffenen Übergänge von Thema zu Thema. CSU-Möchtegern-Größen oder AfD-Politiker, Krankenkasse oder durch die Altersschwerkraft verrutschte Senioren-Tattoos, Kommunal- oder Weltpolitik, Migration oder Grundgesetz-Kenntnisse – nichts war ihm zu heiß. Er arbeitete sich an Angela Merkels Wortschöpfung „postfaktisches Zeitalter“ genauso lustig ab wie am verzweifelten Versuch vieler Menschen, krampfhaft jung bleiben zu wollen. Dabei ließ Hassknecht, der eigentlich Hans-Joachim Heist heißt, Bilder in den Köpfen der Zuschauer entstehen, die sie auch lange nach der Show noch kichern ließen. Unterstützt wurde dies immer wieder durch Einspieler auf der Leinwand, die das Programm grandios ergänzten und es aus der Reihe der reinen Kabarett-Comedy-Soloauftritte wohltuend hervorhoben. „Demokratie ist langweilig“: Eins der liebsten Themen des aus der „Heute-Show“ bekannten TV-Kult-Cholerikers ist „Deutschlands Ruck nach Rechts“. Gleich danach kommen unwissende Politiker. „Ich habe großen Respekt vor den 5 Prozent der Politiker, die ihre Arbeit ernst nehmen und gut machten“, kam Hassknecht langsam in Fahrt. Was sei aber mit den restlichen 95 Prozent, fragte er rein rhetorisch, um sich dann gekonnt immer weiter in Rage zu reden und Beispiel um Beispiel für politischen Dilettantismus sowie gleichgültiges Verhalten zu bringen. „Demokratie ist eine langweilige Arbeit. Ich könnte das nicht“, verkündete er schließlich mit hochrotem Kopf. Aber die, die so tun, als ob sie es könnten, sollten es doch bitte auch richtig machen. Hassknecht, der sich beim E-Roller fahren schon mal den Wind durch die nicht mehr vollständig erhaltene Haarpracht wehen lässt, ist im tatsächlichen Leben durchaus politisch engagiert und vielfach ehrenamtlich tätig. Gerade deshalb, weil der Mann weiß, wovon er spricht, ist er neben aller Komik auch so ernst. Ohne seine unnachahmliche Mimik und Gestik, ohne seinen hervorragend gespielten Wutcharakter und ohne seine ausdrucksvolle Stimme, wären Hassknechts Themen beinahe zum Weinen. Er ist einer von denen, die genau zuhören, die genau hingucken und die genau resümieren. Für sein Publikum in Verbindung mit all seinen komischen Facetten ein wahrhaft amüsanter Künstler – für die Lebenswirklichkeit einer, der sehr traurige Wahrheiten ausspricht. Statt Zugabe Gespräche: Mit nassgelachten Taschentüchern auf dem Schoß applaudierte das Publikum nach gut zwei Stunden Wut-Comedy frenetisch. Die Zugabe entfiel, dafür unterhielt sich der Schauspieler lieber mit den Menschen im Foyer- sehr sympathisch! Von Grit Storz

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