Ex-Bürgermeister: „Das Schlechtreden unserer Stadt muss aufhören“

Klare Worte findet der ehemalige Peiner Bürgermeister Michael Kessler (SPD) bezüglich der Krise des Peiner Einzelhandels aufgrund von Corona und zunehmendem Onlinehandel. Er fordert ein deutliches Umdenken der Geschäftsleute und auch neue Ideen, um Leerstand in der Innenstadt zu vermeiden. Kessler sagt: „Der stationäre Peiner Handel muss stärker zweigleisig agieren. Das heißt, er muss auch die Möglichkeit eröffnen, Bestellungen im Internet anzubieten. Trotzdem wird der stationäre Handel sich unter dem neuen Konkurrenzdruck teilweise zurückziehen, und man muss den dadurch entstehenden Leerstand ,bewältigen’.“ Das Problem könne man aber nicht einfach pauschal der Politik aufbürden, da die Stadt nicht Eigentümerin der innerstädtischen Immobilien sei. Man müsse sich also Gedanken darüber machen, wie man das daraus entstehende Überangebot an Handelsflächen anders nutze. Der Ex-Bürgermeister weiter: „Klar ist auch, dass Handelsflächen derzeit fast nur noch ebenerdig vermietet werden können. Daher schlage ich vor, dass die darüber liegenden Stockwerke verstärkt für den Wohnungsbau, für Büros oder Arztpraxen genutzt werden.“ Das führe gleichzeitig zu einer Belebung der Innenstadt. Natürlich werde das auch zur Folge haben, dass die Mieten sich nach unten bewegen – „aber es muss alles getan werden, damit möglichst wenig Leerstand in der City entsteht“. Das sei für Eigentümer einer Immobilie, die von der Miete leben müssten, sehr schlecht, aber selbst denen müsse eine geringere Miete lieber sein als gar keine. Viele neue Wohnungen entstehen: Und positiv sei: In Peine würden derzeit sehr viel neue Wohnungen entstehen – aufgrund der extrem hohen Mietpreise in Braunschweig und Hannover werde die Fuhsestadt neue Einwohner aus diesen Zentren gewinnen. Die müssten schnell für Peine begeistert werden. Kessler betont: „Das Ziel muss hier ein gesunder Mix aus Handel, Gastronomie, Kunst/Kultur und Wohnen sein.“ Zudem dürfe man nicht müde werden, dafür zu plädieren, dass alle Käufe, die in der Innenstadt getätigt werden können, bitte dort auch gemacht werden sollen. So müssten alle denken, denen die Fuhsestadt am Herzen liege. „Das ständige interne Schlechtreden unserer Stadt muss aufhören“, fordert er. Wer auswärtigen Besuch durch die Fußgängerzone führe, spüre, „wie erstaunt diese über die schönen Häuser und den Marktplatz mit geradezu italienischem Flair sind“. Auch wenn in der Fußgängerzone Leerstand erkennbar sei, gebe es positive Signale. Der Sozialdemokrat erklärt: „Das Konzept für die Belebung der ehemaligen Hertie-Brache durch den großen Edeka-Lebensmittelmarkt verbunden mit Hunderten von Parkplätzen im Herzen der Stadt zählt sicher dazu, genauso wie der geplante Aufschlag der Gastronomie ,Lebenstraum’ im Lindenquartier.“ Und die Entscheidung von Woolworth, in die City-Galerie zu gehen, führe bei dem breiten Sortiment auch zu mehr Frequenz, „und es gibt erfreulicherweise auch kleinere Belebungen wie das voriges Jahr neu gegründete Spielwarengeschäft Eulies an der Breiten Straße, das von zwei jungen Unternehmern getragen wird.“ Es gebe zahlreiche gute Entwicklungen, darauf müsse man aufbauen. Und der Ansatz, auch Kulturelles stärker in die Innenstadt zu verlegen, wie es der Verein Kunst im Peiner Land (KiP) derzeit praktiziere, sei sehr begrüßenswert. Kessler betont: „Die Innenstadt muss sozialer Treffpunkt bleiben – das ist Bestandteil unserer Kultur.“ Von Thomas Kröger