Es summt wieder: Immer mehr Peiner werden Imker

Goldgelb und so schön samtig: Als Jacqueline Wohlthat und Steve Wasserberg jüngst den Absperrschieber ihrer Honigschleuder öffneten und sahen, wie ihr erster geernteter Honig cremig durch ein Sieb in den Eimer floss, da war klar: Nutella kommt erstmal nicht mehr auf ihr Frühstücksbrot. Die beiden Woltorfer zählen seit dieser Saison zu den Freizeit-Imkern und bestätigen einen echten Trend – Imkern ist in! „Als ich damit mal angefangen habe, waren wir 30 im Imkerverein Peine, dann haben wir die Schallgrenze von 100 geknackt, und jetzt sind wir aktuell schon 120“, stellte der Peiner Vereins-Vorsitzende Jürgen Frühling erfreut fest. Nachbarn von Jacqueline Wohlthat und Steve Wasserberg in Woltorf scherzten schon, sie hätten Außerirdische im Garten gesehen. Wenn die beiden die Waben ihrer Bienen kontrollieren, tragen sie einen weißen Imkerschutz-Anzug mit Schleier vorm Gesicht. Rund 500 Euro haben sie für ihre Erstausrüstung samt Bienen-Volk und Haus, der sogenannten Beute, investiert. Doch Jacqueline Wohlthat weiß nach wenigen Wochen als Imkerin schon: Das hat sich gelohnt. „Das ist so interessant und spannend zu sehen, wie eine Königin ein ganzes Volk steuert“, sagt sie. Bei den Bienen haben salopp gesagt, ohnehin die Frauen das Sagen. „Da könnte sich mein Mann mal eine Scheibe von abschneiden“, scherzt Jacqueline Wohlthat. Fleißige Arbeitsbienen als Nektar-Sammler, männliche Bienen zur Begattung der Königin und die eierlegende Königin – was da im Bienenstock passiert, ist spannender Bio-Unterricht in Live. Jacqueline Wohlthat, Steve Wasserberg und ihr Sohn Luke beobachten ihre neue Gartenbewohner interessiert. Eine Erkenntnis: „Unsere Bienen fliegen viel an den Mittellandkanal, da finden sie offenbar gut Nektar“, sagt Jacqueline Wohlthat. 18 Kilo Honig haben die Woltorfer gleich bei ihrer ersten Frühtracht ernten können. Das sind rund 50 Gläser. Dass das so gut geklappt hat, daran hat Fabian Ulbrich sicherlich großen Anteil. Der Experte beriet als Imker-Pate die Einsteiger aus Woltorf. So soll das sein, lobt Jürgen Frühling, der Vorsitzende des Peiner Imker-Vereins. „Dieses System mit einem direkten Ansprechpartner hat sich super bewährt“, sagt er. Imkern macht nicht nur Spaß, es macht auch Arbeit und kostet Geld. Das sollte Interessierten klar sein, die Freizeit-Imker werden wollen. Der Vorsitzende des Peiner Imker-Vereins, Jürgen Frühling, hat für Interessierte aber vor allem zwei wichtige Tipps: Grundkurs besuchen: Zahlreiche der 123 Vereine im Landes-Imker-Verband bieten Schulungen an. Auch am Institut für Bienen-Kunde in Celle können Kurse belegt werden. In der Corona-Krise ist vieles auch via Internet möglich. Paten-Imker suchen: „Eine Online-Schulung alleine reicht nicht, man braucht auch praktische Hilfe, einen direkten Ansprechpartner“, sagt Frühling. Er rät deshalb dazu Mitglied in einem Imker-Verein zu werden, dort werden Paten-Imker vermittelt. Alle Adressen dazu und weiteres Info-Material gibt es im Internet unter imkerlvhannover.de. Bei den Imker-Neueinsteigern stellt Vereinschef Frühling immer wieder auch erfreut fest, dass sie sich für ihr Hobby entschieden haben, um einen Beitrag gegen das Bienen-Sterben zu leisten. „Man hat sicherlich auch das Gefühl, etwas Gutes zu tun – und das ist schön“, sagt Einsteigerin Jacqueline Wohlthat. Im Landkreis Peine bieten inzwischen sogar Landwirte Interessierten an, eine Blühfläche anzulegen, damit die Bienen wieder leichter Nahrung finden. Der Hof Lauenroth in Adenstedt oder der Hof Wiedemann in Bettmar sind dabei. 25 Quadratmeter Blühwiese gibt es dabei ab 19,75 Euro. Mal eben von heute auf morgen Imker werden – „Das geht nicht“, betont auch Beatrix Eden. Die Edemisserin imkert seit sechs Jahren in ihrer Freizeit. „Wenn man mitkriegt, wie intelligent dieses System Biene funktioniert, kann man von diesem Hobby auch kaum noch lassen“, sagt sie. Doch als Imkerin habe sie eben auch eine Fürsorge-Pflicht und Verantwortung dafür, dass es den Bienen gut gehe. „Ich will ja nicht einfach nur ein gemeiner Honig-Dieb sein.“ Und das setzt Wissen voraus. Beatrix Eden belegte mehrere Kurse am Celler Bienen-Institut. Dafür können Teilnehmer übrigens sogar Bildungsurlaub beantragen. Mit dem eigenen Urlaub ist das bei Freizeit-Imkern allerdings so eine Sache: „Einfach mal so losfahren, geht nicht“, sagt die ehemalige Sozialpädagogin des Peiner Gymnasiums am Silberkamp, die inzwischen bei der Diakonie eine Wohngruppe mit Jugendlichen betreut, die traumatische Erfahrungen erlebten. Im Mai und Juni etwa sei Schwarmzeit bei den Bienen, das beschert auch dem Freizeit-Imker Arbeit. Er muss sich zum Beispiel entscheiden, ob er schwächere Völker schützen will. Auf einer Streuobst-Wiese und im Garten hat Beatrix Eden die Beuten (Holzkästen) für ihre neun Bienen-Völker stehen. Jeder Standort muss dem Veterinäramt gemeldet werden. Gestochen wird sie kaum noch, die Hand ist ruhiger geworden. Sie genießt es, sich das Hobby mit ihrem Mann Gero Mallwitz zu teilen. „Und unser Sohn Milan hat auch gerade seinen Imkerschein gemacht.“ Ihren Honig naschen sie aber nicht nur allein, sie verkaufen ihn auch. Nach dem gelungenen Start können sich auch die Woltorfer Jacqueline Wohlthat und Steve Wasserberg vorstellen, noch zwei weitere Bienen-Völker zu kaufen. „Drei insgesamt haben wir uns als Rahmen gesetzt, das wäre noch machbar“, sagt die Imkerin. Imker-Vereins-Chef Jürgen Frühling würde es freuen, aber nicht wundern: „Wer einmal von der Leidenschaft der Honigbiene gepackt ist, der bleibt auch dabei. Früher ist man Imker geworden, wenn es mit dem Sport im Verein wegen einiger Wehwehchen nicht mehr geklappt hat. Das ist heute zum Glück total anders. Auch der Anteil der Frauen ist inzwischen deutlich höher. Wir sind auf einem sehr guten Weg“, so Frühling. 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