Einnahmeverluste und Kosten: Corona fordert die Kommunen im Kreis Peine

Corona ist eine große Herausforderung und belastet die Kommunen im Kreis Peine finanziell. Sind die Schulden 2020 deswegen gestiegen? Die Antwort lautet: Nein! Kredite wurden nur aufgenommen, um Investitionen zu finanzieren. Ungleich schwerer wiegen allerdings teilweise Einnahmeverluste bei der Gewerbe- und Einkommensteuer oder beispielsweise auch bei Kita-Gebühren durch die Lockdowns. Dabei ist das vergangene Jahr noch recht glimpflich verlaufen. Deutlich schwerer wird es nach Ansicht der Gemeinden in den Jahren 2021 und 2022. Eine Bestandsaufnahme. „Der Schuldenstand 2020 hat sich nach gegenwärtiger Kenntnis durch die Pandemie nicht erhöht, da die höheren Aufwendungen durch zusätzliche Erstattungen von Land und Bund, wie zum Beispiel die höheren Bundesanteile an den Kosten der Unterkunft nach dem SGB II, größtenteils gedeckt worden sind“, erklärt Kreissprecher Fabian Laaß. Kreis Peine: Ungedeckte Aufwendungen: Für das Jahr 2020 seien dem Landkreis Peine in Verbindung mit der Corona-Pandemie ungedeckte Aufwendungen in Höhe von über 5,5 Millionen Euro entstanden. Beispiele seien unter anderem Ausgaben für das Impfzentrum, für Schutzausrüstungen oder für Beatmungsgeräte für das Klinikum. „Dieser Wert wird sich noch erhöhen, da noch nicht alle Buchungen abgeschlossen sind“, erklärt Laaß. Es wird daher eher mit Aufwendungen zu rechnen sein, die insgesamt über sechs Millionen Euro liegen. Die Aufwendungen sind überwiegend durch die Bundeserstattungen an den Kosten der Unterkunft gedeckt worden. Zum Schuldenstand führt Laaß aus: „Am 1. Januar 2020 hatten wir rund 90,1 Millionen Euro investive Kredite und 34 Millionen Euro Liquiditätskredite, so dass wir auf 124,1 Millionen Euro kommen. Am 1. Januar 2021 waren es dann rund 116,7 Millionen Euro investiv und 27 Millionen Euro Liquiditätskredite, macht also 143,7 Millionen Euro.“ Die Pro-Kopf-Verschuldung hat zum 1. Januar 2020 insgesamt 884 Euro betragen und liegt zu Beginn dieses Jahres bei 1098 Euro. Bis zum Jahresende wird sie nach Angaben von Laaß voraussichtlich um 20 Euro steigen. Stadt Peine: Kredit für Klinikum: „Die Corona-Pandemie fordert alle gesellschaftlichen Bereiche enorm – so auch die kommunalen Haushalte“, betont Stadtsprecherin Petra Neumann. Bei der Aufstellung des Haushalts für das Jahr 2021 habe die Verwaltung Vorkehrungen für zusätzliche Aufwendungen getroffen, insbesondere zur Umsetzung vorgeschriebener Hygienemaßnahmen. Ob diese Beträge vor dem Hintergrund des sehr dynamischen Infektionsgeschehens ausreichen, könne zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verlässlich gesagt werden. Entscheidend werde auch sein, welche Rahmenbedingungen die Stadt Peine für den Betrieb ihrer Einrichtungen wie Kitas, Schulen, Sportplätze und –hallen, Freizeiteinrichtungen und Verwaltungsgebäude schaffen muss. „Das wiederum hängt von der Entwicklung der Intensität der Neuinfektionen in diesem Jahr ab“, so Neumann. Die Pandemie beeinflusse natürlich nicht nur die Aufwandsseite, auch die Ertragsseite werde insbesondere von der wirtschaftlichen Entwicklung geprägt. Lesen Sie auch Saemann fordert schnelles Sofortprogramm zur Stärkung der Peiner City Kreis Peine: Weniger Infektionskrankheiten durch Corona-Schutzmaßnahmen ++ Peine-Ticker ++ Aktuelle Corona-News und Nachrichten aus Stadt und Kreis Der Schuldenstand sei eine stichtagsbezogene Betrachtung, insofern kann ein direkter Zusammenhang zur Pandemie nicht hergestellt werden. Ende 2019 betrug die investive Pro-Kopf-Verschuldung rund 120 Euro und Ende 2020 etwa 352 Euro. „An dieser Stelle bedarf es jedoch der Erläuterung“, sagt Neumann. „Der Erwerb der Beteiligung an der Klinikum Peine gGmbH in 2020 wurde ausschließlich durch Fremdmittel in Höhe von acht Millionen Euro finanziert.“ Allein dies entspreche rechnerisch 160 Euro pro Einwohner. Viel wichtiger: „Sowohl zum 31. Dezember 2019 als auch zum 31. Dezember 2020 haben keine Verpflichtungen aus Liquiditätskrediten (früher Kassenkredite) bestanden.“ Die Gesamtschulden haben zum 1. Januar 2020 rund sechs Millionen Euro betragen, zum 1. Januar 2021 waren es etwa 17,6 Millionen Euro, einschließlich der acht Millionen für die Beteiligung am Klinikum. Edemissen: Fehlende Einnahmen: „Der Schuldenstand der Gemeinde Edemissen hat sich erhöht – allerdings nicht pandemiebedingt“, erklärt Astrid Fischer, Fachbereichsleiterin bei der Gemeinde. Die neu aufgenommenen Darlehen sind investitionsbedingt entstanden, unter anderem für die Sanierung des Rathauses, den Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Abbensen und den Neubau der Kindertagesstätte „Kleiner Hobbit“ in Abbensen. Der Gesamtschuldenstand betrug am 1. Januar 2020 etwa 3,1 Millionen Euro, bei einer Pro-Kopf-Verschuldung rund 272 Euro. Am 1. Januar 2021 waren es insgesamt rund 7,2 Millionen Euro und etwa 550 Euro pro Kopf. „Finanziell bemerkbar hat sich der Anteil an der Einkommensteuer ausgewirkt, führt Fischer aus. „Hier hatten wir laut Orientierungsdatenerlass mit 6,9 Millionen Euro Einnahmen gerechnet, haben aber nur 6,36 Millionen bekommen. Der Gemeinde fehlen allein hier Einnahmen von über einer halben Million Euro.“ Bei der Gewerbesteuer habe es bisher keinen Einbruch gegeben, hier rechnet Fischer in den kommenden Jahren mit entsprechenden Rückgängen. Durch die Schließung der Kindertagesstätten während der Lockdown-Phasen sind Kindertagesstättenbeiträge im Krippenbereich ausgefallen, die Kosten für die Gemeinde sind jedoch geblieben (insbesondere Personalkosten). „Eine Kompensation der fehlenden Einnahmen ist nicht möglich. Das entstandene Loch bleibt…“ Hohenhameln: Einnahmeverluste kompensiert: 2020 hat sich der Schuldenstand der Gemeinde Hohenhameln durch die Corona-Pandemie nicht erhöht. Pandemiebedingt habe es zwar Einnahmeverluste bei einzelnen Steuerarten –Gewerbesteuer und Gemeindeanteil an der Einkommensteuer – und schließungsbedingt beim Hallenbad Mehrum sowie Mehraufwendungen durch die Schließung der Kindertagesstätten und Hygienemaßnahmen gegeben, diese würden aber durch Unterstützungszahlungen von Bund und Land im September/Dezember 2020 vollständig kompensiert, erklärt Bürgermeister Lutz Erwig. „Allerdings wird die Ausgleichszahlung für Gewerbesteuerausfälle Auswirkungen in 2021 haben, da diese vollständig im den kommunalen Finanzausgleich einfließt und zu erheblichen Mindereinnahmen bei den Schlüsselzuweisungen sowie Mehrausgaben bei der Kreisumlage führen wird und dadurch voraussichtlich zu einem unausgeglichenen Haushalt führt.“ Die Gesamtschulden betrugen in Hohenhameln am 1. Januar 2020 rund 6,1 Millionen Euro und pro Kopf etwa 661 Euro. Am 1. Januar 2021 waren es rund 4,5 Millionen Euro und pro Kopf etwa 482 Euro. Ilsede: Pandemie verursacht Kosten: Auch in Ilsede sind die kommunalen Schulden investitionsbedingt gestiegen und nicht wegen Corona. Allerdings habe die Pandemie Kosten verursacht, sagt Bürgermeister Otto-Heinz Fründt. Durch Einnahmeausfälle bei Gewerbe- und Einkommensteuer, Gebührenausfälle beim Freibad und den Kitas sind unter dem Strich bis zu 1,5 Millionen Euro weggefallen. Davon seien allerdings gut 740 000 Euro vom Land erstattet worden. „Das Jahr 2020 ist für den Ilseder Haushalt aber noch ganz gut gelaufen“, berichtet Fründt. Wesentlich schlechter werde es 2021 und 2022, wenn sich der Lockdown negativ auf die Steuereinnahmen auswirkt. Im investiven Bereich habe Ilsede etwa 830 000 Euro an Krediten unter anderem für den Kindergarten in Groß Bülten und den Ausbau der Ortsdurchfahrt Gadenstedt aufgenommen. Es seien allerdings auch Kredite getilgt worden und Kassenkredite gebe es keine. Der Schuldenstand hat sich von etwa 14,9 Millionen Euro zum 1. Januar 2020 auf rund 15,7 Millionen Euro zum 1. Januar 2021 erhöht. Die Pro-Kopf-Verschuldung stieg im gleichen Zeitraum von rund 690 auf gut 720 Euro. Lengede: Verlust bei Gewerbesteuer: In Lengede hat die Corona-Pandemie zu Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer (-1,2 Millionen Euro), Einkommensteuer (-450 000 Euro), Vergnügungssteuer (-15 000 Euro) und den Kita-Gebühren (-150 000 Euro) geführt. Dazu kommen nochmals gut 35 500 Euro an Aufwendungen für Schutzausrüstung und EDV. Insgesamt schlagen Einnahmeausfälle und Kosten nach Angaben von Bürgermeisterin Maren Wegener mit rund 1,8 Millionen Euro zu Buche. Vom Land habe es Finanzhilfen in Höhe von rund 736 000 Euro gegeben, dazu wurden gut 63 500 Euro bei Veranstaltungen (Aus- und Fortbildung sowie Kinderzeltlager/Jugendfreizeit) eingespart. Macht unterm Strich rund 800 000 Euro aus. Somit bleiben Kosten von etwa einer Million Euro bei der Gemeinde. „Aber das können wir wegstecken“, sagt Wegener. Jetzt müsse man sehen, wie sich der aktuelle Lockdown auf Steuer- und Gebühreneinnahmen auswirkt. Der Schuldenstand am 1. Januar 2020 lag bei rund 2,7 Millionen Euro und die Pro-Kopf-Verschuldung bei rund 198 Euro. Am 1. Januar 2021 waren es rund 2,4 Millionen Euro und rund 179 Euro pro Kopf. Die liquiden Mittel haben sich in dem Zeitraum von rund 6,8 auf etwa 4,2 Millionen Euro verringert. „Hier muss berücksichtigt werden, dass im Haushaltsjahr 2020 ein Finanzmittelfehlbetrag von etwa 1,7 Millionen Euro eingeplant, aber kein Kredit in 2020 in Anspruch genommen wurde“, betont Wegener. Kassenkredite gibt es nicht. Vechelde: Keine neuen Schulden: „Durch Corona haben sich die Schulden in Vechelde nicht erhöht“, sagt Bürgermeister Ralf Werner. „Wenn Kredite aufgenommen werden, dann für Investitionen, die haben aber nichts mit der Pandemie zu tun.“ Es habe im Haushalt 2020 eine Kreditermächtigung gegeben, die aber nicht in Anspruch genommen werde. Somit betrugen die Gesamtschulden am 1. Januar 2020 und am 1. Januar 2021 per Saldo gut 15 Millionen Euro und die Pro-Kopf-Verschuldung etwa 830 Euro. „Die Ausgaben für Hygienemittel und Masken waren nicht nennenswert“, erklärt Werner. Bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer habe es 2020 keine Einbußen gegeben, wohl aber beim Einkommensteuer-Anteil. Jetzt müsse abgewartet werden, wie sich die Steuereinnahmen 2021/2022 entwickeln. Wendeburg: Kreditfinanzierte Investitionen: „Der Schuldenstand hat sich durch die Pandemie nicht erhöht“, berichtet auch er Wendeburger Bürgermeister Gerd Albrecht. „Die Steigerung geht auf umfangreiche kreditfinanzierte Investitionen zurück.“ Als Beispiele nennt Albrecht die Krippe und das Feuerwehrgerätehaus in Bortfeld sowie die Kita in Neubrück. Der Schuldenstand der Gemeinde Wendeburg betrug am 1. Januar 2020 rund 12,8 Millionen Euro, was eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1156 Euro ausmachte. Der Schuldenstand hat sich zum 1. Januar 2021 auf etwa 15,8 Millionen Euro erhöht, das ist eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1430 Euro. „Einbrüche gab es vergangenes Jahr im Bereich der Einkommensteuer“, schildert Albrecht. Hier wurden Mindererträge in Höhe von etwa 550 000 Euro erzielt. Bei den Benutzungsgebühren für die Kinderbetreuung wurden etwa 130 000 Euro weniger eingenommen. Ferner sind rund 43 000 Euro Mindererträge bei den Benutzungsgebühren im Bereich des Auebades entstanden. Im Haushaltsjahr 2020 wurden für Schutzausstattungen etwa 8000 Euro ausgegeben. Coronabedingte Einbrüche werden auch im Haushaltsplan 2021 erwartet. Bei der Gewerbesteuer, Einkommensteuer und den Schlüsselzuweisungen werden Einnahmeverluste in Höhe von 622 200 Euro eingeplant. Hinzukommen Mehraufwendungen in Höhe von 177 800 Euro im Bereich der Kreisumlage. „Insgesamt verschlechtert sich das geplante Jahresergebnis 2021 gegenüber dem Jahresergebnis 2020 um rund 800 000 Euro, was wir durch den Verkauf von Bauland ausgleichen werden.“ Der Schuldenstand der Gemeinde Wendeburg beträgt voraussichtlich am 31. Dezember 2021 rund 15,2 Millionen Euro. Dies bedeutet eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1373 Euro. Von Jan Tiemann