Ein Elektroauto wird an einer Ladestation aufgeladen.

Rainer Goral aus Vöhrum ärgert sich über die seiner Meinung nach zu geringe Anzahl an Ladesäulen für Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb (E-Autos) in Peine. Er sagt: „Da wird eine Entwicklung verschlafen, die die Stadt nur schwer wieder aufholen kann. Da sind andere Städte schon viel weiter. Ich kann die Situation in Peine leider nur als Service-Wüste Elektromobilität bezeichnen. Da muss endlich etwas passieren.“ Der 49-jährige Studiengangkoordinator eines Institutes der Ostfalia-Hochschule muss beruflich regelmäßig nach Wolfsburg und Wolfenbüttel fahren – mit seinem neuen emissionsfreien E-Golf von Volkswagen. Goral sagt: „Ich bin natürlich auch wegen der ökologischen Vorteile überzeugter E-Auto-Fahrer und bin mir sicher, dass aufgrund der staatlichen Förderung noch viele Peiner dazu kommen werden. Das ist also ein großes Thema für die Gegenwart – nicht nur für die Zukunft.“ Das Ende der Diesel- und Benzinmotoren sei doch absehbar. Laut einer Schätzung soll es bis 2030 bundesweit bis zu zehn Millionen Elektrofahrzeuge geben. Umso unverständlicher sei es, dass es in der Peiner Innenstadt bisher nur vier öffentliche Ladesäulen gebe – und die seien nicht mal besonders schnell beim Laden. In Wolfsburg oder anderen Städten der Umgebung sehe das Angebot schon viel besser aus. „Viele Ladesäulen sind blockiert“: Der Vöhrumer spricht hier von öffentlich zugänglichen Ladesäulen, wie sie von Ladesäulen-Apps gefunden werden können. „Sicherlich gibt es im Landkreis noch andere Lademöglichkeiten, etwa vor Rathäusern der verschiedenen Ortsteile. Leider sind diese zumeist von den Flotten der Gemeinden belegt und in den Apps nicht zu finden. Es sollte an eine bessere Auffindbarkeit gedacht werden.“ In letzter Zeit sei hier wie in anderen Städten auch zu beobachten, dass insbesondere Im Parkhaus an der Werderstraße die Ladesäulen von Elektro-Car-Sharing-Firmen blockiert seien. Damit würden private Nutzer zusätzlich ausgesperrt. Diesem „Trend“ müsse in jedem Fall zeitnah entgegengewirkt werden. Natürlich tanke der Vöhrumer meistens Zuhause über Nacht Strom per Kabel, über eine sogenannte Wallbox. Sie koste etwa 1500 Euro, es gebe jedoch beim Kauf einen staatlichen Bonus in Höhe von 900 Euro. „Doch ausreichend Säulen in der Innenstadt würden doch dazu führen, dass ich häufiger zum Einkaufen in die Peiner City komme, da ich dann nebenbei noch bequem Strom für meinen Wagen tanken könnte“. So bringe man wieder mehr Leute (vor allem Fahrer von E-Autos) zum Einkaufen in die Stadt, wenn Corona dies wieder zulasse. Denkbare Standorte sind laut dem 49-Jährigen in der Fuhsestadt das Areal vor dem Amtsgericht, der Schützenplatz, der Friedrich-Ebert-Platz und auch das Klinikum. Und es gebe auch schon Ladesäulen, die viel schneller den Akku füllen. Die gebe es in Peine leider gar nicht. Lesen Sie auch VW: Wolfsburg soll Leitwerk für E-Autos werden Der Vöhrumer mag neben der Umweltfreundlichkeit vor allem die Power des E-Golfs, „Der Wagen ist sofort mit voller Energie da und beschleunigt unglaublich schnell“. Die Reichweite seines Wagens betrage etwa 250 Kilometer, damit seien Wolfsburg und Wolfenbüttel problemlos zu erreichen – hin und zurück. Welche Prämien gibt es? Beim Kauf eines Elektro-Neuwagens bis 40 000 Euro Nettolistenpreis erhält man laut ADAC vom Bund 6000 Euro Bonus, der Hersteller gibt 3000 Euro, was eine Förderung von insgesamt 9000 Euro macht. Für ein neues E-Auto im Preisbereich von 40 000 bis 65 000 Euro gibt es 7500 Euro Förderung. Niedersachsen ist im Vergleich zu allen anderen westdeutschen Flächenländern Nachzügler bei der Dichte des Ladenetzes für Elektroautos. Legt man aktuelle Durchschnittszahlen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zugrunde, bewegt sich das Land derzeit bundesweit nur im unteren Mittelfeld. Zur Abdeckung mit öffentlichen Ladepunkten pro 1000 Quadratkilometer meldete der BDEW einen Wert von 60 Stück. Damit haben niedersächsische Nutzer von Elektro-Pkw im Mittel rechnerisch gesehen noch geringere Chancen auf einen Ladeplatz unterwegs als Autofahrer in Rheinland-Pfalz (70) oder Schleswig-Holstein (72). In der Fläche gibt es nur in den ostdeutschen Ländern Thüringen (45 Ladepunkte je 1000 Quadratkilometer), Sachsen-Anhalt (24), Brandenburg (19) und Mecklenburg-Vorpommern (14) ein dünneres Ladenetz. Und der Verband der Automobilindustrie (VDA) verwendet noch zwei andere relative Größen, um die regionale Lade-Ausstattung zu messen. Bezieht man die Zahl der öffentlichen Ladepunkte auf alle in einer Kommune zugelassen Wagen, kommt die Stadt Wolfsburg mit 358 Autos pro Ladepunkt derzeit auf den bundesweit zweitbesten Wert nach dem bayerischen Landkreis Regen (310). Für einen Plug-In-Hybriden (das Fahrzeug besitzt einen herkömmlichen Verbrenner- und Elektromotor) bis zu 40 000 Euro erhält man eine Prämie in Höhe von 6750 Euro und bei einem Einkaufspreis von 40 000 bis 65 000 Euro sind es 5625 Euro. Und bis 2030 sind alle E-Autos von der Kraftfahrzeugsteuer befreit. Goral hofft jetzt auf ein schnelles Umdenken – „damit Peine im wahresten Sinne des Wortes nicht endgültig den Anschluss verpasst“. Von Thomas Kröger