Die Gewaltbereitschaft in Peine nimmt zu

Schlimme Situationen in Peine häufen sich: In der Fleischerei Führmann ist ein 24-jähriger Mitarbeiter niedergestochen worden, in Woltorf wurde eine 85-jährige Seniorin von zwei maskierten Männern in ihrem Haus in Woltorf überfallen und ausgeraubt. Bei einem Familienstreit in Telgte griff ein Täter Polizisten an und in der Silvesternacht wurde ein Mann mit einem Messer schwer verletzt. Nimmt die Bereitschaft gewalttätig zu werden zu? „Ja, eindeutig“, bestätigt Gerhard Welge von der Opferhilfe Weißer Ring. Dass sich Vandalismusfälle und Sachbeschädigungen im Kreis häufen, bestätigte vor Kurzem auch Polizeisprecherin Eileena Wenzel. Ob Gewalttaten ebenfalls zunehmen, dazu konnte sie aktuelle keine Auskunft geben. Respekt vor anderen Menschen wird weniger: Die Kriminalitätsopfer, die Welge betreut, berichten jedoch von einer traurigen Wahrheit: „Die Brutalität der Taten hat zugenommen und dabei geht es um alle denkbaren Straftaten.“ Die drei am Häufigsten vorkommenden Fälle seien Stalking, besonders Online-Stalking, häusliche Gewalt und Einbruchsdelikte. Doch auch Opfer von Messerstechereien und Diebstahl suchten beim Weißen Ring Hilfe. „Früher hat man aufgehört, wenn der andere am Boden lag – heutzutage wird dann extra noch mal getreten,“ ärgert sich Welge Der Respekt für andere sei erschreckend gering. Traurige Folge sei, dass die Hemmschwelle, gewalttätig zu werden, immer niedriger werde. Langzeitfolgen nach Trauma: „Beim Weißen Ring sagen wir: Das Opfer hat immer lebenslänglich“, bedauert Welge. Denn traumatische Erlebnisse, wie Opfer von Kriminalität zu werden, könne zum Teil schwerwiegende Langzeitfolgen haben. „Mir begegnen Menschen, in deren Wohnungen eingebrochen wurde, die nach der Tat nicht mehr dort leben können, weil sie alles an die Tat erinnert.“ Die psychische Belastung dürfe neben den möglichen körperlichen Folgen auf keinen Fall unterschätzt werden. „Viele werden das Trauma nie mehr los und können auch noch Jahre später getriggert werden.“ Zu den sich häufenden Fällen in Peine sagte Welge: „In einer so beschaulichen Stadt wie Peine rechnet doch keiner damit, dass so etwas passiert wie die Attacke auf den Fleischerei-Mitarbeiter.“ Schwindet das Sicherheitsgefühl? Menschen, die Opfer einer Gewalttat wurden, sollten sich Hilfe suchen und das Erlebte nicht alleine verarbeiten. „Auch wenn ein Opfer nach einer Tat stabil wirkt, sollte man vorsichtig sein. Denn der Zusammenbruch kann erst Tage später erfolgen, wenn sich der Adrenalinhaushalt wieder normalisiert hat.“ Der Weiße Ring bietet individuelle Hilfen, um das Opfer zu unterstützen, sich aus dem negativen Gedankenkreislauf zu befreien und die Tat zu verarbeiten. „Ich warne jeden, den ich betreue, vor Eigenbewaffnung, denn Selbstjustiz ist keine Lösung.“ Zudem würde man in eine Scheinsicherheit fallen, die schlimme Folgen haben kann. „Viel effektiver sind Selbstverteidigungskurse, die ich jedem, aber besonders Frauen, empfehle.“ Polizeisprecherin Eileena Wenzel betonte abschließend, dass die Polizei durch Ermittlungsstrategien und Präventionsmaßnahmen alles tue, damit sich die Bürger sicher fühlen. Aber fühlen Sie sich in Peine tatsächlich sicher? Machen Sie mit bei unserer Umfrage. Für Opfer von Kriminaltaten: Der Weiße Ring Peine ist jederzeit telefonisch erreichbar unter (0 51 71) 41 955. Das Opfer-Telefon ist täglich von 7 bis 22 Uhr kostenlos erreichbar unter 116 006. Von der PAZ-Redaktion

Opfer von Straftaten - Die Gewaltbereitschaft in Peine nimmt zu