Aufnahme läuft! Kreismusikschule will mit Film Senioren überraschen

„Maria, kannst du den Notenständer bitte noch etwas nach links schieben“, wünscht sich die Stimme aus dem Regieraum. „Perfekt, so passt es.“ Aufnahme läuft! Blockflöten-Lehrerin Maria Klemt und ihr Schützling Rieke Vrielink gucken sich kurz in die Augen, dann holt die Musiklehrerin Schwung aus den Oberschenkeln und schon erklingen in einem Schwicheldter Tonstudio die ersten Töne von Martin Luthers „Vom Himmel hoch da komm ich her“. Das Blockflöten-Duo zählt zu den 27 Musikern der Peiner Kreismusikschule, die gerade einen Film mit Weihnachtsliedern produzieren. Er soll in Seniorenheimen für Freude sorgen. Konzert-Film statt gemeinsamer Gesang: Denn die Kraft der Musik, sie wirkt – und in Corona-Zeiten ganz besonders, davon ist Christiane Rosenberger, Harfen-Lehrerin der Kreismusikschule, überzeugt. „Musik setzt Emotionen frei. Sie ist der direkte Draht ins Herz der Menschen“, sagt sie. Doch wegen der Corona-Krise habe sie gerade den Eindruck, dass die Musik auf der Welt ein wenig verstummt. „Es darf ja zum Beispiel auch nicht gesungen werden in Heimen“, merkt Christiane Rosenberger an. Zu groß ist die Angst vor der Infektionsgefahr durch Aerosole und Speicheltröfpchen. Auch darum entstand die Idee zum Film unter dem Motto „Musik gegen die Einsamkeit“. 45 bis 60 Minuten lang wird er. Ein kontaktloses Konzert sozusagen. „Und fast schon abendfüllend“, freut sich Christiane Rosenberger. Die Instrumenten-Palette ist riesig: Harfe, Cello, Klavier, Akkordeon, Mandoline, Orgel, Blockflöten, Geige oder Bratsche sind zu hören und eben auch zu beobachten. „Das persönliche Spiel zu sehen, wirkt noch einmal intensiver, als es nur vom Tonträger zu hören“, sagt die Musik-Lehrerin. Die Mitwirkenden haben sich für den besonderen Moment schick zurechtgemacht oder ihre Notenständer weihnachtlich dekoriert. Aufgenommen wird coronakonform in mehreren Etappen und an verschiedenen Orten. Die komplette Familie Don mit den Kindern Helene (9) und den Zwillingen Elisa und Johan (1) hat etwa im Streichquartett plus Gesang „Als ich bei meinen Schafen wacht“ eingespielt: „Sogar das anderthalb Jahre alte Nesthäkchen Fanny taucht im Beitrag auf“, verriet Christiane Rosenberger. Ein perfektes Weihnachtsgeschenk für die Oma: 26 Peiner Heime hat die Koordinatorin der Aktion angeschrieben. Wer will, bekommt ein Film-Exemplar. „Für den 20. Dezember ist die Fertigstellung anvisiert. Ich werde die Filme dann auf einer Rundtour persönlich abgeben“, erläutert Rosenberger. Den Schnitt erhalten die Heime per USB-Stick oder DVD und können ihn dann für sich individuell in den Wohnbereichen abspielen. „Die meisten Heime haben ja inzwischen Beamer und Leinwände“, sagt die Lehrerin der Kreismusik-Schule. Die 12-jährige Blockflöten-Spielerin Rieke Vrielink wird sich auch ein Exemplar sichern – als perfektes Weihnachtsgeschenk. Sie kann damit ihrer Oma eine Freude machen, obwohl die weiter weg in Nordhorn wohnt. „Da passt die Aktion auch ganz schön. Außerdem hat meine Oma ja etwas zu meiner neuen Flöte beigetragen“, sagt die Schülerin. Lesen Sie auch Peiner Einzelhandel: „Knallhart-Lockdown ist eine Katastrophe für uns“ Peine: Ratse-Advents-Konzert gibt es dieses Jahr online Lindenquartier-Start in Peine: Ole Siegel würde den Bagger am liebsten selber fahren Viel Technik und aufgeregte Mitwirkende: Ein bisschen aufgeregt war übrigens nicht nur Rieke bei den Aufnahmen, sondern fast alle Beteiligten. Wenn ferngesteuerte Kameras schwenken und viel Technik aufgebaut ist, steigt auch der Puls. „Kein Wunder, wenn man auf Knopfdruck loslegen muss und alles auf Perfektion ausgerichtet ist“, sagt Christiane Rosenberger. Eine Schülerin sei sogar so angespannt gewesen, dass sie vor den Aufnahmen nichts mehr essen konnte. Doch als alles im Kasten war, „war sie richtig glücklich“. Es sollte so schön werden: Die Kreismusikschule und der Peiner Hilfsverein „Keiner soll einsam sein“ wollten in diesen Monaten gemeinsam eine Konzertreihe in Seniorenheimen organisieren. In verschiedenen Einrichtungen sollten Musiker den Bewohnern eine Freude bereiten. Die Unkosten für jedes dieser Konzerte liegen bei rund 200 Euro. Die Bitte an die Peiner, diese Aktion durch Spenden zu unterstützen, blieb nicht unerhört, und es ist schon eine beachtliche Summe zusammengekommen. Die erneuten Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie haben bei diesen Plänen jedoch vorerst einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Sobald es wieder möglich ist, wird die Konzertreihe fortgesetzt. Als vorläufiger Ersatz ist eine neue Idee entstanden: Die Kreismusikschule produziert zurzeit einen Film, in dem zahlreiche Beiträge mit schönen Weihnachtsliedern zu sehen sein werden. Dieser wird den Seniorenheimen zur Verfügung gestellt, wo er dann individuell in allen Wohnbereichen abgespielt werden kann. Auch Blockflöten-Lehrerin Maria Klemt und Schülerin Rieke Vrielink waren zufrieden. Nur eine kleine fünf Minuten Pause bei einem Instrumentenwechsel war so nicht eingeplant. Aber Riekes Altflöte war zu kalt geworden, das hätte sich auf den Klang negativ ausgewirkt. Also spielte die 12-Jährige ihr Instrument noch einmal warm, damit es den Bewohnern der Seniorenheime warm ums Herz wird, wenn sie zum Beispiel „Es ist ein Ros’ entsprungen“ oder „Ich steh an deiner Krippen hier“ in der Blockflöten-Variante hören. Von Christian Meyer