Ein Trainer wird immer noch gesucht. Und zu sagen, dass die Mannschaft zur neuen Bundesligasaison, die am 14. August beginnt, bereits steht, wäre bei zehn im Juni auslaufenden Verträgen und vielen weiteren Fragezeichen auch nur die halbe Wahrheit. So gesehen zeigt Martin Kind einigen Mut, wenn er jetzt vorausschauend über sportliche Ziele spricht. Mittelfristig wolle Hannover 96 „auch mal wieder international spielen“, sagte der Clubchef. Langfristig kann er sich in der Liga Tabellenplatz 6 bis 9 vorstellen.
Das klingt forsch und kommt einem irgendwie bekannt vor. Hatte Kind nicht Ende 2014 sogar das Wort Champions League in den Mund genommen? Dass die „Roten“ dann bis zuletzt gegen den Abstieg kämpfen mussten, den Ritt auf der Rasierklinge aber noch einigermaßen ungeschoren überstanden, ließ die Saison 2014/2015 zu einer höchst riskanten Berg-und-Tal-Fahrt werden.
Fünfjahreswertung hilft 96
Dem 13. Platz in der Abschlusstabelle steht Rang 7 in einem anderen Ranking gegenüber. Das kennen die wenigsten, die sich für Fußball interessieren, aber es hat gewichtige Auswirkungen: Es ist die Liste, nach der die Einnahmen aus der nationalen TV-Vermarktung verteilt werden. In der kommenden Saison darf Hannover 96 allein aus diesem Posten mit 33 Millionen Euro rechnen, wie Verwaltungsleiter Björn Bremer bestätigte. Er kann auch die Gegenrechnung aufmachen: Wären die „Roten“ abgestiegen, hätte sich allein dieser Betrag um zwei Drittel – also um 22 Millionen Euro – verringert.
Eine andere TV-Einnahme wäre sogar komplett entfallen. Und die beläuft sich laut Bremer immerhin auf 8 Millionen Euro. 96 profitiert weiterhin von den zwei Spielzeiten, in denen der Club zwischen 2011 und 2013 in der Europa League für einige Furore sorgte.
2,5 Millionen Euro davon sind fixe Zahlungen, die auch andere Bundesligisten aus der internen Umverteilung internationaler Vermarktungserlöse erhalten. „Der Rest ist leistungsbezogen“, sagt Bremer. Man könnte auch sagen: Es ist die Prämie, die dem Club unvergessene Spiele gegen Teams wie den FC Sevilla, den FC Kopenhagen oder Atletico Madrid eingebracht haben.
Hierbei – wie auch im nationalen Verteilungsranking – gilt eine Fünfjahreswertung. Noch ist 96 in der Hinsicht sogar der fünftbeste Bundesligist. Doch das Verfallsdatum rückt mit jeder Saison näher, in denen die „Roten“ international nur unbeteiligt vor dem Fernsehgerät sitzen, statt bei der Übertragung selbst eine Rolle als Darsteller zu übernehmen.
Kinds Wunsch nach der Rückkehr nach Europa ist – auch wenn dieser derzeit eher für Kopfschütteln sorgt – insofern durchaus nachvollziehbar. Wie wichtig verlässliche TV-Einnahmen sind, wird daran deutlich, dass diese beim hannoverschen Club inzwischen mehr als die Hälfte des 80-Millionen-Etats ausmachen.