Die Grenze zwischen dem, was legal, und dem, was vertretbar ist, ist nicht immer leicht zu erkennen. Rein rechtlich mag es in Ordnung sein, wenn ein Arzt der Krankenkasse für Kontrastmittel einen Preis in Rechnung stellt, der um ein Vielfaches über seinen Einkaufskonditionen liegt. In Ordnung ist es trotzdem nicht: Radiologen verdienen auch so schon mehr als alle anderen Freiberufler und sind nicht auf fragwürdige Zusatzerträge angewiesen, die zulasten der Solidargemeinschaft gehen.
Natürlich können die Röntgenärzte darauf verweisen, dass nicht sie auf die Pauschalen gedrungen haben, sondern die Krankenkassen. Zur Wahrheit gehört dann aber auch, dass dies für die Kassen ein Akt der Notwehr war: Sie wollten nicht noch weiter über den Tisch gezogen werden. Vor der Umstellung auf das heutige Abrechnungssystem mussten sie den Radiologen die von den Pharmaherstellern aufgerufenen Listenpreise erstatten, die noch deutlich höher liegen als die immer noch äußerst lukrativen Pauschalbeträge.
Fehlanreize bei der Finanzierung können auch zulasten der Patienten gehen. Bei bestimmten Diagnosen lassen die Bilder „aus der Röhre“ auch ohne die Gabe von Kontrastmitteln Diagnosen zu – das kann für den Röntgenarzt aber einen höheren Aufwand bedeuten. Profitiert hingegen die Praxisökonomie gleich im doppelten Sinn vom Einsatz dieser Mittel, liegt es nahe, sie von vornherein einzusetzen. Auch deshalb sind die Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung gut beraten, die Abrechnung der Kontrastmittel auf eine Basis zu stellen, die solchen Bedenken Rechnung trägt.
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Von Jens Heitmann