Weniger ist mehr: Wie Volkswagen die Kosteneffizienz steigern will

Es ist das bekannte Lied: Im Volkswagen-Konzern verkauft die Kernmarke zwar die meisten Autos, in Sachen Rendite bleibt sie aber das Sorgenkind. Grund dafür sind vor allem die hohen Fixkosten. Effizienzsteigerung lautet deswegen das Zauberwort. Das betonte auch Konzern-Chef Herbert Diess jetzt nochmals im Rahmen seiner Grußworte zum 75-jährigen Jubiläum der Mitbestimmung bei Volkswagen: „Effizienzsteigerungen sind notwendig und für den Fortbestand von Unternehmen nicht zu unterschätzen. Hier haben wir bei Volkswagen noch Nachholbedarf.“ Die Corona-Krise hat die Marke auf dieser Mission nun freilich ausgebremst. Im vergangenen Jahr erzielte das Unternehmen eine Rendite von 4,3 Prozent, als mittelfristiges Ziel wird für 2023 der Wert von 6 Prozent angepeilt. Die Erreichung des Zwischenziels hat die Pandemie VW allerdings gründlich verhagelt. 2020 geht es nur noch darum, ein positives Ergebnis zu erreichen, sagt Marken-Chef Ralf Brandstätter. Am Sechs-Prozent-Ziel für 2023 halte das Unternehmen aber weiter fest. „Wir haben in der Vergangenheit hart an der Steigerung der Kosteneffizienz gearbeitet und werden diesen Weg weiter konsequent fortführen“, versichert Brandstätter. Modellvielfalt wird reduziert: Der Plan Volkswagens für mehr Kosteneffizienz lässt sich dabei mit einer einfachen Formel zusammenfassen: Weniger ist mehr. Konzern und Marke wollen die Komplexität massiv reduzieren, um Kosten einzusparen. Das gilt in erster Linie schon für die gesamte Produktpalette. Beim Portfolio orientiert sich VW künftig noch stärker an den Eigenheiten der einzelnen Märkte und richtet die Produktoffensive auf wachsende Segmente mit hohen Margen sowie die Transformation des Unternehmens aus. Der nächste Passat etwa wird in Europa nur noch als Variant angeboten werden – eine Reaktion darauf, dass die Limousine auf dem Kontinent deutlich weniger nachgefragt wird. Dieses Segment soll künftig vielmehr mit dem mit einer Reichweite von 700 Kilometern ausgestatteten Elektro-Fahrzeug Aero B bespielt werden, was auch gleichzeitig bedeutet, dass der Arteon keinen Nachfolger erhalten wird. Weitere Beispiele: Beim Golf wurde bereits der Sportsvan gestrichen, Touran und Sharan laufen aus, stattdessen soll den Platzbedürfnissen von Familien mit einem großen SUV Rechnung getragen werden – dem siebensitzigen Tayron, der in Wolfsburg produziert werden wird. Lesen Sie auch: Wolfsburg: Wie groß ist das Vertrauen von VW in Herbert Diess? Wolfsburgs Werkleiter Stefan Loth wechselt zur Volkswagen Sachsen VW entwickelt Elektro-Kleinwagen – den ID.2 Was für die Modellpalette gilt, trifft auch auf Ausstattung und Design zu. Auch hier will VW die Varianten deutlich reduzieren und damit Komplexität abbauen. Ein Blick auf Entwürfe der kommenden Generationen von Passat und Tiguan unterstreicht dies. Beide Modelle teilen sich sowohl außen als auch innen wesentliche Design- und Ausstattungsmerkmale. Die Vielfalt an Teilen kann so deutlich reduziert werden. „Das erlaubt uns beispielsweise auch, die Wertigkeit im Interieur nochmals deutlich anzuheben und trotzdem Kosten zu sparen“, erklärt Brandstätter den Ansatz. „Weniger ist mehr. Wir betreiben an verschiedenen Stellen etwas weniger Aufwand und machen dafür das, was wir tun, jetzt noch besser.“ Netter Nebeneffekt: Damit kann VW auch auf die jüngst vor allem im Zusammenhang mit dem ID.3 geäußerte Kritik an der Qualität der Innenraummaterialien reagieren. Gemeinsame Entwicklung mit Skoda spart Kosten: Dieser Ansatz zieht sich dann konsequent auch bis in die Produktentwicklung. Auf den Baukästen MEB und MQB werden bereits markenübergreifend Fahrzeuge gebaut, was zu einer deutliche Effizienzsteigerung geführt hat. Doch jetzt geht VW noch einen Schritt weiter: Auch bei der Entwicklung der sogenannten „Hüte“ soll künftig stärker kooperiert werden, um Synergien zu nutzen. Der Anfang dafür ist bereits gemacht. Im Projekt Beta Plus werden der VW Passat und der Skoda Superb, die bald auch beide in Bratislava gebaut werden, gemeinsam mit Skoda entwickelt. „Dadurch haben wir deutlich weniger Entwicklungskosten“, erklärt Brandstätter. Weitere mögliche „Pärchen“ wären etwa der Skoda Kodiaq und der VW Tayron. Denkbare Kritik in Richtung „Gleichmacherei“ weist der VW-Markenchef derweil zurück. Man versuche zwar, möglichst viele gleiche Teile zu verwenden, doch die Fahrzeuge sollen sich natürlich voneinander abheben. „Marken und Fahrzeuge behalten weiter ihren eigenen Charakter“, stellt Brandstätter klar. Von Steffen Schmidt