Senioren am Fredenberg in Salzgitter bringen ihre Gedanken zu Papier

Die Botschaften gehen ans Herz. „Mir fehlt die Umarmung von meinen Kindern und Enkeln“, steht auf einem Zettel. „Es machen plötzlich alle einen ganz großen Bogen um mich“, heißt es auf einem anderen. Die zwei Aussagen stammen von älteren Menschen im Seniorenheim und in der Siedlung am Fredenberg. „Das sind spontane und emotionale Sätze, die sehr bewegend sind“, stellt Ergotherapeutin Stella Kaune fest. Es geht um Worte, Gedanken und Wünsche, die im Rahmen einer gemeinsamen Aktion des AWO-Seniorentreffs AWIRA, des Geras-Seniorenheims und der TAG Wohnen zu Papier gebracht wurden. 24 beschriebene Stoffwimpel kamen so zusammen, die an den Balkonen des Seniorenheims aufgehängt wurden. Sinnbildlich sollen auf diesem Weg die Hoffnungen und Wünsche vom Wind in die Welt getragen werden, beschreibt es die Leiterin des Seniorentreffs, Birgit Hülsenbeck. „Alles geschieht im Glauben, dass die Botschaften dann auch in Erfüllung gehen.“ „Wieder die Kinder umarmen“ steht geschrieben oder „Kontakt zur Außenwelt“, die älteren Autoren möchten „Gemeinsam essen“ oder „Gemeinsam Spazierengehen“. „Normalität soll wieder einkehren“ heißt es auf einem Wimpel, „Gruppenangebote sollen wieder starten“ oder „Freiheit für alle“ auf anderen. Sogar der Wunsch „Beerdigungen wieder feiern dürfen“ findet sich in der Reihe. Claudius Oleszak, TAG-Chef in Salzgitter sieht darin „eine tiefere Sehnsucht nach Normalität ganz anderer Art“. Der Tod gehöre zum Leben dazu und müsse zwingend auch als Ritual gepflegt werden dürfen. Alle Beteiligten waren sich bei der Präsentation einig: Hinter all dieser Wünsche und Hoffnungen stecke auch die Angst vor Vereinsamung. Selbst wenn allen bewusst ist, dass die im Zuge der Corona-Pandemie verordneten Maßnahmen der persönlichen Gesundheit dienen sollen, werden die Kontaktbeschränkungen von vielen Menschen als sehr eingreifend empfunden. Polizeikommissar Andrea Kelm, der als zuständiger Quartiersbeamter vor Ort war, stellte fest, das die Wünsche der Senioren im Heim bescheidener ausfallen als die der Besucher im Wohncafé. Er führt es darauf zurück, dass die Bewohner in der Einrichtung die Einschränkungen sehr viel einschneidender wahrnehmen dürften als die Mieter, die noch selbstständig leben können. Yvonne Beier, TAG-Managerin und als solche Kooperationspartnerin des AWIRA-Cafés vor Ort, appellierte, die Hoffnung nicht zu verlieren und hofft auf eine sehr befreiende Wirkung der Aktion. Die Betroffenen hätten ihre Wünsche und Gedanken aufgeschrieben, diese würden gelesen. „Vielleicht trägt der Wind die vielen emotionalen Botschaften von Fredenberg in die Welt“, so Yvonne Beier. „Bessere Zeiten warten sicherlich irgendwo. Man darf in diesen Zeiten nicht auch noch die Hoffnung darauf verlieren.“ Von Roland Weiterer

Bewegende Botschaften - Senioren am Fredenberg in Salzgitter bringen ihre Gedanken zu Papier