Die Stadtteilmütter in Salzgitter gibt es seit zehn Jahren

Ein wahrhaft runde Sache hat der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) gefeiert. Seit zehn Jahren sind die Stadtteilmütter in Salzgitter aktiv, die sich von einem sozialen Beschäftigungsprojekt des Jobcenters zu einer festen Institution in Salzgitter gemausert haben. Hinter dem Begriff befinden sich Frauen mit einem Migrationshintergrund, die in ihrem jeweiligen Wohnviertel nicht nur fest verankert sind, sondern als Multiplikatorinnen mit Vorbildfunktion wirken und vielen Menschen vor Ort helfen. Die Idee stammt aus Berlin, Salzgitter hat sie mit Erfolg kopiert. Auf eine große Feier mit allen Kooperationspartnern musste die AWO wegen der Corona-Pandemie zwar verzichten, so die stellvertretende Kreisgeschäftsführerin Nicola Pöckler, doch im kleinen Kreis wurde nicht nur das zehnjährige Bestehen gefeiert, unter den Gästen war auch Zeliha Cardak, die von Anfang an dabei ist. Die Stadtteilmütter bilden „eine Brücke zu den Menschen“, beschreibt Nicola Pöckler die Funktion. Mit ihren Sprachkenntnissen und dem Wissen über die örtlichen Gepflogenheiten bieten sie Familien mit Migrationshintergrund ihre Hilfe an. „Nur mit Zettel verteilen“ ist die Bevölkerung laut Nicola Pöckler kaum zu erreichen. Diese Aufgabe übernehmen die Stadtteilmütter. Sie nehmen Kontakt auf und stehen neuen Mitbürgern mit Rat und Tat zur Seite. Sie finden oft auch Zugang zu Familien, die als schwer erreichbar gelten. „Die Besuchten fühlen sich als Gastgeber, nicht als Klienten, damit steigt die Akzeptanz für Veränderungsvorschläge.“ Die Stadtteilmütter und auch Stadtteilväter, die es mittlerweile gibt, sind gut vernetzt, sie gehören nicht nur verschiedenen Arbeitskreisen und Gremien an. Es gibt eine Zusammenarbeit mit dem Jobcenter, den umliegenden Schulen und Kindergärten, den Integrationslotsen oder den Fachdiensten Familie und Soziales der Stadt. Ihr Wirken gilt als sehr erfolgreich. Sie sind vor allem am Fredenberg aktiv, haben laut Nicola Pöckler bis heute tausende Menschen erreicht. In Kitas und Schulen erleichtern sie Eltern und Kindern das Verständnis des deutschen Bildungssystems, sie helfen älteren Menschen in Notlagen, sorgen für einen guten Kontakt zwischen Kunden und Sachbearbeitern im Jobcenter, vermitteln viele Leute in Deutschkurse oder sorgen für eine Hausaufgabenbetreuung. Ein Schwerpunkt der Tätigkeit in den letzten zwei Jahren ist der Zugang in die Berufswelt geworden. Die koordinierenden Stadtteilmütter betreuen Migranten in Arbeitsmarktprogrammen und Projekten, die einen Einstieg ins Arbeitsleben ermöglichen. Die Stadtteilmütter werden geschult, damit sie wissen, worauf es in einer kurzen Beratung ankommt. Für den Erfolg sind aber vor allem die weichen Faktoren wichtig, ein offenes Wesen und die freundliche Ausstrahlung, betont Nicola Pöckler. Sie zeichnen sich zudem durch ihre verschiedenen Sprachkenntnisse aus: ob es Türkisch ist, Kurdisch, Arabisch oder Polnisch. Seit 2017 finanziert die Stadt zwei halbe Stellen im AWiSTa am Fredenberg, die AWO rechnet mit einer Verlängerung bis Ende 2022. Im Laufe der Jahre haben sich die Stadtteilmütter vor allem zu einem „Projekt der Teilhabe der Bevölkerung am gesellschaftlichen Leben gewandelt“, so Nicola Pöckler. „Das ist ein großer Verdienst.“ Von Roland Weiterer