Andreas Buick, Sprecher der Göttinger Staatsanwaltschaft, bestätigte der HAZ, dass die Vorermittlungen abgeschlossen wurden und ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist: „Wir gehen davon aus, dass es Straftaten gegeben hat“. Gegen wen ermittelt werde und in welcher Weise, wollte Buick allerdings nicht sagen – „auch aus ermittlungstaktischen Gründen“.
Mit den Ermittlungen, die von der Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig veranlasst wurden, geraten noch einmal jene Geschehnisse in den Fokus, die am 17. Februar 2012 zum Rücktritt von Christian Wulff als Bundespräsident führten. Diesmal forschen die Staatsanwälte allerdings nicht nach Hotelrechnungen oder umstrittenen Kreditvergaben, sondern nach den internen Vorgängen im hannoverschen Justizministerium vor der damals beantragten Aufhebung der Immunität Wulffs. Sie geschah am 16. Februar und führte einen Tag später zum Rücktritt des Christdemokraten als Staatsoberhaupt.
Angestoßen hat die Ermittlungen der Bonner Rechtsanwalt Gernot Fritz, der in den späten neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts selbst einmal einem Bundespräsidenten gedient hat. Unter Roman Herzog war er stellvertretender Leiter des Bundespräsidialamtes. Er hatte im Sommer dieses Jahres Strafanzeige wegen Rechtsbeugung und Verletzung von Privatgeheimnissen durch Amtsträger gestellt. Es gehe ihm um eine Sache, „die geeignet ist, an den Grundfesten dieses Staates zu rütteln“.
Fritz hat in zum Teil detektivischen Rekonstruktionen Vorgänge aufgelistet, die jetzt offenbar auch der Göttinger Staatsanwaltschaft merkwürdig vorkommen. So hatten nach seinen Angaben einige Medien bereits Kenntnisse von der beantragten Aufhebung der Immunität Wulffs, bevor der Bundespräsident selbst oder der zuständige Bundestagspräsident davon Bescheid wussten. „Nur ein dienstlich mit der Angelegenheit befasster Amtsträger kommt für diesen Geheimnisverrat in Betracht“, glaubt Anwalt Fritz, weil am Nachmittag des 16. Februars kein Außenstehender vom konkreten Antragsschreiben der Staatsanwaltschaft Hannover gewusst haben könne. Bisant werden könnten die Ermittlungen für Niedersachsens Landtagspräsident Bernd Busemann, damals Justizminister, und den Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig.