Niedersachsens künftiger Landwirtschaftsminister Gert Lindemann plant einen Neustart in der Agrarpolitik des Landes. In einem Gespräch mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung kündigte der CDU-Politiker an, er werde die Kontrollsysteme erneuern, den Tierschutz verbessern und auch vor personellen Konsequenzen nicht haltmachen.
„Wenn sich herausstellt, dass jemand seine Pflicht nicht erfüllt oder wichtige Informationen nicht weitergegeben hat, dann bin ich auch bereit, personelle Konsequenzen zu ziehen“, sagte Lindemann, der sich zur Aufklärung des jüngsten Dioxin-Skandals eine Sechswochenfrist setzt.
Lindemann war von Ministerpräsident David McAllister zum Nachfolger der zurückgetretenen Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen berufen worden. Lindemann wird am morgigen Mittwoch vor dem Landtag in Hannover vereidigt.
McAllister sagte am Montag, Lindemann werde am Mittwoch in einer Regierungserklärung darlegen, wie sich die Landesregierung die künftige Agrarpolitik vorstelle. Nach dem Willen des Ministerpräsidenten soll es offenbar nicht allein um einen Ausweg aus dem Dioxin-Skandal gehen, sondern auch um mehr Transparenz für die Verbraucher und um mehr Tierschutz. Mit Sorge hatte die Staatskanzlei in den vergangenen Tagen verfolgt, wie Niedersachsen in den bundesweiten Medien immer stärker als Zentrum einer fragwürdigen Massentierhaltung hervortrat.
Lindemann rief zu einer differenzierten Betrachtungsweise auf und betonte, die allergrößten Mastbetriebe seien von der Dioxin-Affäre nicht betroffen, weil sie ihr Futter selbst herstellten und dessen Qualität auf professionelle Weise überwachten. Einmal mehr treffe es Betriebe mittlerer Größe, die einerseits als kleine Biohöfe nicht existieren könnten, andererseits aber nicht so groß seien, dass sie sich eigene Futtermühlen leisten könnten. Diese Bauern seien Opfer krimineller Machenschaften von betrügerischen Futtermittelherstellern geworden, denen man mit neuer Strenge begegnen müsse.
Lindemann bekannte sich zu schärferen Kontrollmechanismen, wie sie der vorige Woche von Aigner in Berlin vorgestellte Zehnpunkteplan vorsieht. Nur mit einem perfekten Kontrollsystem lasse sich Vertrauen wieder herstellen. Lindemann stellte aber auch über die aktuelle Affäre hinaus eine Umorientierung der Landwirtschaftspolitik in Aussicht. „Ich will vermeiden, dass sich die Bürger mit Grauen von der Landwirtschaft abwenden.“ So dürfe man etwa mit Blick auf die Putenzucht keine Rahmenbedingungen gelten lassen, die zu Skelettdeformationen und damit automatisch zur Tierquälerei führten.
Michael B. Berger und Dirk Schmaler