Coronavirus: Ministerpräsdent Weil (SPD) gegen Sonderrechte für Geimpfte

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat davor gewarnt, jetzt Diskussionen darüber zu führen, ob man Menschen besondere Rechte einräumen könnte, die erfolgreich gegen das Coronavirus geimpft worden sind. „Das ist eine reine Phantomdebatte. Auf absehbare Zeit werden wir alle Hände voll damit zu tun haben, alle impfwilligen Menschen zu versorgen. Davon wird es immer mehr geben, wenn sich die Verträglichkeit des Impfstoffs überall herumgesprochen hat“, sagte Weil am Montag der HAZ. Er fügte an, geimpfte Menschen hätten ohnedies einen ganz großen Vorteil gegenüber Impfgegnern: „Sie sind geschützt. Deswegen sehe ich keinen Bedarf für weitere Vorschläge dieser Art.“ Zuvor hatte der Präsident der Weltärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, Sonderrechte für bereits Geimpfte für denkbar erachtet, allerdings nur über einen längeren Zeitraum betrachtet. Er nannte dafür als Beispiele etwa Reisen oder auch den Besuch von Kindertagesstätten analog zur Masernimpfpflicht. „Im Moment, wo man gar nicht allen Menschen eine Impfung anbieten kann, verbietet sich ein solches Vorgehen“, schränkte Montgomery am Montag im Deutschlandfunk aber sogleich ein. Niedersachsens Ärztekammerpräsidentin: „Debatte zur Unzeit“: Niedersachsens Ärztekammerpräsidentin Martina Wenker lehnt derartige Gedankenspiele ab. „Die derzeit geführte Debatte kommt völlig zur Unzeit. Denn es ist noch nicht geklärt, ob ein Geimpfter langzeitgeschützt ist – das heißt, ob er andere nach der Impfung wirklich nicht mehr anstecken kann wie etwa nach einer Masernimpfung. Im Augenblick wissen wir nur, dass der oder die Geimpfte davor bewahrt wird, selbst schwer an Corona zu erkranken“, sagte Wenker auf Nachfrage und fügte hinzu: „Auch kann man die Debatte derzeit gar nicht führen, weil noch nicht jeder frei über Impfstoff verfügen kann.“ Justizministerin Havliza warnt vor „Zweiklassengesellschaft“: Auch Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) betrachtet die Debatte sehr skeptisch. „Die Diskussion kommt zu einem völlig unglücklichen Zeitpunkt. Wir sollten jetzt erst einmal dankbar und froh sein, dass es endlich losgeht mit den Impfungen. Und da erwarte ich von denen, die jetzt aus guten Gründen geimpft werden, die Solidarität gegenüber allen anderen“, sagte Havliza. „Es kann ja wohl keiner wollen, dass wir in Zeiten, wo noch nicht alle durchgeimpft sind, eine Zweiklassengesellschaft bekommen“, betonte Havliza. Davor warnt auch der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Dirk Toepffer. „Es darf nicht passieren, dass der Geimpfte wieder in das Restaurant darf, derjenige, der noch keine Chance auf eine Impfung hatte, aber nicht.“ Können Fluggesellschaften einen Nachweis verlangen? Hannovers Landesbischof Ralf Meister sprach von einer schwierigen Frage. „Wir müssen aufpassen, dass es hier nicht zu einer neuen Exklusion kommt“, sagte er. „Gleichwohl halte ich es an ganz bestimmten Stellen durchaus für nachvollziehbar, wenn Unternehmen oder Institutionen einen Impfnachweis verlangten, um andere zu schützen. Flugreisen könnten ein solches Beispiel sein“, sagte der Bischof auf Nachfrage und mahnte zugleich: „Solange die Fallzahlen so hoch sind und nicht für alle sofort eine Impfung möglich ist, sollten wir die Einschränkungen in der Gemeinschaft tragen.“ Der Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN), Volker Müller, hält auf längere Sicht, eine Debatte über besondere Rechte für Geimpfte für erforderlich – „natürlich erst wenn klar ist, dass auch Geimpfte andere nicht mehr anstecken“, sagte er. „Man muss auch sehr genau nachschauen, ob die Einschränkungen des Einzelhandels richtig waren oder ob man nicht auch bei den Schulen hinsichtlich der Ansteckungsgefahr genauer hätte hinschauen müssen“, betonte Müller. Von Michael B. Berger