Der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Klima-Bewegung Fridays for Future aufgefordert, sich von der Blockade einer Lesung seines Buches in dieser Woche in Göttingen zu distanzieren. Er sei enttäuscht und traurig darüber, dass Göttinger Aktivisten der Bewegung "an vorderster Stelle" dabei gewesen und die Treppe besetzt hätten, um seine Lesung zu verhindern, sagte de Maizière am Mittwoch bei einer Debatte zur Meinungsfreiheit im Bundestag. Die bundesweiten Koordinatoren müssten sich schnell dazu äußern, sagte der CDU-Abgeordnete.
Es sei nicht zu viel verlangt, dass sie erklären, ob solche Aktionen für die Haltung der ganzen Bewegung stünden und ob dies als legitimes Mittel begriffen werde. Wenn sie dazu schweigen, "wäre das beschämend für viele junge Leute, denen es wirklich um den Klimaschutz geht", sagte de Maizière. Um Klimaschutz sei es bei seiner Veranstaltung nicht gegangen. Der Politiker wollte am Montagabend in Göttingen aus seinem Buch "Regieren" lesen. Mitglieder linker Gruppen und die Göttinger Ortsgruppe von Fridays for Future hatten die Veranstaltung blockiert und damit verhindert. Hintergrund war die türkische Militäroffensive in Nordsyrien.
De Maizière will Lesung nachholen
De Maizière kündigte an, die Lesung wiederholen zu wollen. Die Blockade habe sich gegen ihn gerichtet. Leidtragende seien aber demokratische Bürgerinnen und Bürger gewesen. De Maizière betonte in der Debatte: "Für mich ist Meinungsfreiheit auch die Forderung nach Respekt, nach Gewaltlosigkeit, nach Anstand und Sachlichkeit, nach Ausgewogenheit und Angemessenheit."
Der Bundestag diskutierte auf Verlangen der FDP-Fraktion über die Meinungsfreiheit in Deutschland. Hintergrund waren neben dem Fall de Maizière die verhinderte Vorlesung von AfD-Mitgründer Bernd Lucke und die Ablehnung eines Vortrags von FDP-Chef Christian Lindner in Hamburg.
Linken-Politiker: Bedrohung der Meinungsfreiheit kommt von rechts
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) kritisierte dies als erster Redner und forderte den Bundestag zudem dazu auf, sich klar gegen Grenzüberschreitungen im politischen Meinungskampf zu positionieren. Die Abgeordneten des Parlaments hätten eine Vorbildfunktion für die Debattenkultur im Land, sagte er.
Viele Redner äußerten sich besorgt über Verrohung, Hass und Hetze in Meinungsstreitigkeiten. Die Bedrohung gehe von rechts aus, sagte der Linken-Abgeordnete Friedrich Straetmanns. Er bezeichnete die Kritik an den Studenten in Hamburg im Fall Lucke als begründet, betonte aber auch: "Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass man Dinge widerspruchsfrei äußern kann."
RND/ms/epd/dpa