Die SPD-Fraktion wählte den unterlegenen Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier am Dienstag mit 88,7 Prozent der Stimmen zu ihrem Vorsitzenden.
Die Trennung von Parteivorsitz und Fraktionsvorsitz hatten etliche Landesverbände von Berlin bis Hessen gefordert. Sie argumentierten, die Partei müsse sich personell neu aufstellen. Demnach soll die bisherige stellvertretende Parteivorstitzende und Parteilinke Andrea Nahles neue Generalsekretärin werden. Amtsinhaber Hubertus Heil hat bereits erklärt, dass er nicht wieder antritt. Auch der amtierende Bundesfinanzminister und SPD-Vize Peer Steinbrück kündigte seinen Rückzug aus der ersten Reihe der Partei an.
Nach den Planungen soll Gabriel an der Spitze eines Personaltableaus stehen, das die Partei repräsentiert. Als stellvertretende Parteivorsitzende werden der bisherige Arbeitsminister Olaf Scholz, Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit und die Chefin der NRW-SPD, Hannelore Kraft, genannt. In der Fraktionssitzung stimmten 126 SPD-Abgeordnete für Steinmeier, 16 Parlamentarier votierten in geheimer Wahl mit Nein. Der Parlamentarische Geschäftsführer Thomas Oppermann wurde mit 107 Ja- und 24 Nein-Stimmen bei vier Enthaltungen im Amt bestätigt.
Zuvor hatte Steinmeier in der Fraktionssitzung gesagt, künftig müssten alle Strömungen der Partei in den Führungsgremien vertreten sein. Die Verantwortung müsse auf „mehrere Schultern“ verteilt werden. Diesen Worten war zu entnehmen, dass er selbst nicht für den Parteivorsitz zur Verfügung stehe. Müntefering kündigte seinen definitiven Rückzug an. Am kommenden Montag will das SPD-Präsidium über die Neuaufstellung der Parteispitze beraten, am Freitag darauf der SPD-Vorstand.
Die Berliner SPD verabschiedete eine Resolution, in der der vollständige Rückzug von Franz Müntefering, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück gefordert wird. Diese Personen seien „untrennbar“ mit der Politik der Agenda 2010 und der abgewählten Großen Koalition verbunden. Daher sei „ein glaubwürdiger Neuanfang nur möglich, wenn es auch zu personellen Veränderungen an der Parteispitze kommt“. Beim Bundesparteitag im November bestehe die Chance, „die Führung der Partei in neue Hände zu legen“. Außerdem forderte die Berliner SPD eine neue strategische Ausrichtung der Partei.