Bahnreisenden drohen in dieser Woche wieder Zugausfälle und Verspätungen. Die Lokführergewerkschaft GDL hat nach den gescheiterten Tarifgesprächen am Sonntag offiziell beschlossen, erneut zu streiken.
„Es wird ganz Deutschland betroffen sein“, sagte ein Sprecher. Der neue Ausstand ist den Angaben zufolge vom dreiköpfigen geschäftsführenden GDL-Vorstand um Gewerkschaftschef Claus Weselsky beschlossen worden. Damit ist allerdings noch nicht klar, welche Bereiche der Deutschen Bahn für wie lange bestreikt werden sollen. Dies will die GDL dann „rechtzeitig“ mitteilen - gemeinhin 24 Stunden vor Beginn des Ausstands.
Hannover in der Vergangenheit massiv betroffen
Die angekündigte Arbeitsniederlegung ist die siebte im Tarifstreit mit der Deutschen Bahn. Hannover war in der Vergangenheit massiv betroffen, es kam wiederholt zu erheblichen Beeinträchtigungen auch im Berufsverkehr.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) appellierte gestern an die Tarifparteien, ihre Gespräche wieder aufzunehmen. „Um die öffentliche Akzeptanz für Tarifauseinandersetzungen nicht über Gebühr zu strapazieren, sollte schnellstmöglich an den Verhandlungstisch zurückgekehrt werden“, mahnte Dobrindt. Zuvor hatte Bahnchef Rüdiger Grube erklärt, einen neuen Lokführerstreik noch verhindern zu wollen. „Uns geht es darum, eine Lösung ohne weitere Streiks zu erreichen“, sagte er, was die Gewerkschaftsseite aber offenkundig nicht beeindruckte.
Weselsky bezichtigt Bahnvorstand der Lüge
Stattdessen bezichtigte Weselsky im „Deutschlandfunk“ Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber der Lüge. Hintergrund sind Aussagen Webers, man sei in den Verhandlungen weitergekommen und „einen Meter vor der Ziellinie“. Dazu sagte der Gewerkschaftschef: „Der Mann lügt an der Stelle.“ Der Bahnvorstand wolle kein Ergebnis erzielen. „Er streikt bei den Verhandlungen, und deswegen streiken die Zugpersonale mit aller Voraussicht nächste Woche wieder, um ihre Rechte durchzusetzen“. Eine Bahnsprecherin entgegnete, die GDL solle „dringend zu den Fakten und zur Sachlichkeit zurückkehren.“
Fünf Prozent mehr Gehalt und eine Stunde weniger Arbeit pro Woche
Die Bahn verhandelt parallel mit der GDL und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft. Beide Organisationen wollen Tarifabschlüsse für alle ihre Mitglieder erreichen. Der Konzern möchte dabei jedoch unterschiedliche Ergebnisse für dieselben Berufsgruppen verhindern. Die GDL will neben Zugbegleitern und Bordgastronomen auch Lokrangierführer und Disponenten in den Rahmentarifvertrag und den Haustarifvertrag integrieren. Die Gewerkschaft verlangt fünf Prozent mehr Geld und eine Stunde weniger Arbeitszeit pro Woche.
Weselsky warf der Bahn vor, auf Zeit zu spielen. Denn im Sommer könnten die Karten neu gemischt werden, wenn das von der Bundesregierung geplante Gesetz zur Tarifeinheit in Kraft tritt und pro Betrieb nur noch eine Gewerkschaft den maßgeblichen Tarifvertrag abschließen kann.
von Holger Göpel und Jörg Blank