Etliche Parlamentarier sind in Griechenland vor der Vertrauensabstimmung über Ministerpräsident Alexis Tsipras und der damit verknüpften Abstimmung im Namensstreit mit Mazedonien bedroht worden. Die Frage der Umbenennung des Nachbarlandes spaltet die Griechen.
Medienberichten zufolge erhielt eine Politikerin per SMS Bilder von Frauen mit abgetrennten Köpfen, weil sie für Tsipras und die Einigung auf den Namen Nord-Mazedonien für das Nachbarland stimmen will. Andere Parlamentarier berichteten von Drohanrufen, die sich auch gegen ihre Familien richteten.
Im Norden Griechenlands und in der Hafenstadt Thessaloniki tauchten in den vergangenen Tagen überall Plakate mit Fotos von Parlamentariern auf. Unter den Konterfeis die Frage: „Wirst auch Du (unsere Provinz) Mazedonien verraten?“ Die Polizei nahm bisher vier Verdächtige fest.
Der Hintergrund: Ein jahrzehntelanger Namensstreit
Ministerpräsident Tsipras hatte im vergangenen Jahr mit Skopje ausgehandelt, das Land solle sich künftig Nord-Mazedonien nennen. Seit Jahrzehnten blockiert Griechenland deshalb die Annäherung Mazedoniens an die Nato und die EU.
Griechische Konservative und Nationalisten sind allerdings dagegen. Grund ist eine nordgriechische Provinz, die auch den Namen Mazedonien trägt. Viele Griechen in der Bevölkerung und der Politik haben Angst, der Nachbarstaat könnte durch den neuen Landesnamen Ansprüche auf die Region erheben.
Tsipras' Koalitionspartner, der rechte Verteidigungsminister Panos Kammenos, war am Sonntag zurückgetreten und hatte die Koalition mit der linken Regierungspartei Syriza aufgekündigt. Er will das Abkommen über den neuen Namen nicht mittragen. Tsipras stellte daraufhin die Vertrauensfrage, über die das Parlament am Mittwochabend abstimmt.
Kann sich Alexis Tsipras als Ministerpräsident halten?
Es wird erwartet, dass der Regierungschef die gegen Mitternacht erwartete Parlamentsabstimmung knapp übersteht, obwohl darüber seine Koalition mit der rechtspopulistischen Partei Unabhängige Griechen (Anel) zerbrochen ist. Tsipras kann wohl mit der Unterstützung unabhängiger Parlamentarier und einiger Anel-Abgeordneter rechnen. Deren Parteichef Panos Kammenos war nach der Ratifizierung des Abkommens durch das mazedonische Parlament am Sonntag zurückgetreten.
Übersteht Tsipras das Votum, soll kommende Woche das Abkommen zur Beilegung des Namensstreits ratifiziert werden. Mit der Einigung auf den Namen Nord-Mazedonien will Tsipras den Widerstand Griechenlands gegen Verhandlungen über einen Nato- und EU-Beitritt Mazedoniens aufgeben.
Von RND/dpa