In Jena stellte sich gestern eine bundesweit gesuchte 36-jährige Frau der Polizei. Sie soll mit den beiden mutmaßlichen Bankräubern zusammengewohnt haben, bei denen die Dienstwaffen der ermordeten Polizistin und ihres Kollegen gefunden wurden. Die zwei Männer hatten sich laut Polizei vergangene Woche selbst erschossen.
Der Chef des Landeskriminalamts in Stuttgart, Dieter Schneider, sprach von „großen Fortschritten“ in den Ermittlungen. Der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall (SPD) nannte die Spur nach Thüringen „erfolgversprechend“. Im Wohnmobil der beiden Männer seien neben der Dienstwaffe auch die Handschellen der ermordeten Polizistin Michele K. gefunden worden. Der Fall sei aber noch nicht gelöst, sagte Gall. Bisher unbestätigt sind Berichte über Verbindungen mit der Neonazi-Szene.
Die 36-Jährige, die laut Staatsanwaltschaft Zwickau zuletzt mehrere Decknamen nutzte, werde nun nach Sachsen gebracht, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Meiningen. Dort solle ihre Identität eindeutig festgestellt werden. Die Wohnung der drei in Zwickau wurde kurz nach den Vorfällen in Eisenach durch eine Explosion zerstört. Die Frau, die dort unter dem Namen Susann lebte, soll das Gebäude kurz vor der Detonation verlassen haben.
Ob man auch der 36-Jährigen eine Tatbeteiligung nachweisen könne, sei fraglich, sagte Pflieger dem Südwestrundfunk: „Einen dringenden Tatverdacht haben wir jedenfalls bei einer ersten Prüfung nicht bestätigen können.“ Im April 2007 war die 22 Jahre alte Michele K. aus dem südthüringischen Oberweißbach auf einer Heilbronner Festwiese durch einen Kopfschuss getötet worden. Ihr Kollege überlebte schwer verletzt, er lag wochenlang im Koma.
In Thüringen wird nun spekuliert, die mutmaßlichen Bankräuber könnten eine Verbindung in die Neonazi-Szene gehabt haben. Die beiden Männer im Alter von 34 und 38 Jahren und die Frau sollen nach Darstellung der Thüringer Linke-Fraktion und Medienberichten zufolge bereits als rechtsextreme Bombenbauer in Erscheinung getreten sein. Die Staatsanwaltschaft Zwickau sprach gestern von „Spekulationen“.
Den Linken im thüringischen Landtag zufolge wurde das Trio bereits 1998 polizeilich gesucht. Nach der Aushebung einer Bombenwerkstatt in Jena seien die drei geflüchtet und spurlos verschwunden, erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Martina Renner. Das Landeskriminalamt hatte die Männer wochenlang observiert. Das Verfahren wurde 2003 wegen Verjährung eingestellt.
Vor dem überraschenden Waffenfund in Thüringen war es recht ruhig geworden um die Ermittlungen in Heilbronn. Monatelang hatten die Ermittler der „Soko Parkplatz“ zuvor ein Phantom gejagt. DNA-Spuren der sogenannten „Frau ohne Gesicht“ waren nicht nur in Heilbronn gefunden worden, sondern auch an mehr als 35 anderen Tatorten, vor allem in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Die Hoffnung, der „Mörderin“ so auf die Spur zu kommen, zerplatzte jäh. Ende März 2009 musste die Staatsanwaltschaft Heilbronn einräumen, dass die DNA-Spur von einer Frau stammte, die Wattestäbchen beim Verpacken verunreinigt hatte.
Tino Moritz