Die 33 in Chile geretteten Bergleute haben noch in der Tiefe einen Pakt des Schweigens geschlossen. Die Männer hätten sich gegenseitig versprochen, vorerst nichts über die ersten schrecklichen 17 Tage des Grubendramas zu erzählen, in denen es keinen Kontakt zu Oberfläche gab, sagte Johnny Barrios der Zeitung „El Mercurio“.
Bis Samstag zumindest hielt die Abmachung, obwohl Medien viel Geld für Interviews geboten haben sollen. Alle Entscheidungen während der mehr als zwei Monate in der Kupfer- und Goldmine San José in der Atacama-Wüste seien demokratisch nach dem Mehrheitsprinzip gefallen, sagte Barrios weiter.
Die Männer waren in einer aufsehenerregenden Aktion am Mittwoch durch einen Rettungsschacht in einer Stahlkapsel einer nach dem anderen an die Oberfläche gezogen worden. Inzwischen sind sie nach eingehender Untersuchung im Krankenhaus der Stadt Copiapó bis auf zwei alle wieder zu Hause. Aber auch die beiden übrigen Männer sollten in Kürze entlassen werden. Keiner der 33 Männer hatte ernsthaftere Verletzungen oder Leiden davon getragen. Die Kumpel waren am 5. August durch den Einsturz eines Stollens in mehr als 600 Meter Tiefe verschüttet worden. Am 22. konnten sie durch eine bei der Suche nach ihnen gebohrte Röhre eine erste Lebensbotschaft an die Oberfläche schicken.
Nach dem Kampf ums Überleben mussten die Kumpel sich jetzt gegen die Medien zur Wehr setzen. Der Chefpsychologe des Rettungsteams, Alberto Iturra, rief die Journalisten auf, den Bergleuten nicht auf den Leib zu rücken. „Lasst sie in Ruhe. Sie müssen jetzt (mit ihren Familien) allein sein“, sagte Iturra. Die Bergmänner seien jetzt einem größeren Stress ausgesetzt als zuvor in der Tiefe der Mine.
Die Geretteten lehnten es ab, bereits an diesem Sonntag an einem Dankgottesdienst bei der Mine teilzunehmen. Ein Sprecher der Regierung sagte, die Kumpel wollten zunächst mit ihren Angehörigen zusammen sein. „Man muss verstehen, dass die Männer gerade erst aus dem Krankenhaus nach Hause gekommen sind und erstmal ihre Ruhe haben möchten“, sagte die Gouverneurin der Region Atacama, Ximena Matas.
Die spektakuläre Rettungsaktion hatte fast 2000 Medienmitarbeiter aus aller Welt zum Bergwerk in der Atacama-Wüste gelockt. Einige versuchten anschließend, Interviews mit den Geretteten sowie Mitgliedern der teilweise sehr großen Familien zu vereinbaren. Dabei forderten einige der Angehörigen Geld, während auch Medien größere Beträge angeboten haben sollen.
Der frühere Fußballstar Franklin Lobos verließ das Krankenhaus am Freitag in einem Auto, um Kontakt mit den Medien zu vermeiden. Anschließend kam der Minenarbeiter Florencio Avalos, der am Mittwoch als erster aus dem Bergwerk an die Oberfläche gezogen worden war. Er wurde in seinem Stadtteil in Copiapó von Nachbarn und Freunden gefeiert. „Den Arbeitern rate ich, sehr vorsichtig zu sein“, sagte er in einer kurzen Erklärung vor Journalisten. Und: Die Unternehmen müssten mehr Geld für Sicherheitsmaßnahmen ausgeben. Hinter ihm stand dabei sein Sohn Bairon (7) in einem Superman-Kostüm.
Der als der „Untreue von Atacama“ bekanntgewordene Barrios wurde sogar schon von einem Hersteller von Potenzmitteln gesucht. Der Bergmann hatte neben seiner Ehefrau auch noch eine Geliebte. Sein amouröses Doppelleben war aufgeflogen, als sich nach dem Unglück am 5. August die Ehefrau und die Geliebte bei der Mine über den Weg liefen. Die beiden Frauen waren sogar aufeinander losgegangen und mussten von der Polizei getrennt werden. Das chilenische Unternehmen „Men’s Quality“ will Barrios nun für eine Werbeaktion gewinnen.
dpa