Zehn Tage vor der Kommunalwahl in der Türkei haben die Behörden den Zugang zum Kurznachrichtendienst Twitter abgeschaltet. Nutzer berichteten am Freitag, die Seite der Plattform könne seit der Nacht nicht aufgerufen werden oder sei auf einen gerichtlichen Sperrvermerk umgeleitet. Auf Smartphones meldete die Twitter-App am Morgen: „Nutzer konnte nicht geladen werden.“
Allerdings lässt sich die Sperrung offenbar auch umgehen: Twitter veröffentlichte einen Tweet, in dem Nutzern in der Türkei erklärt wurde, wie sie per SMS weiter Mitteilungen absetzen können.
Turkish users: you can send Tweets using SMS. Avea and Vodafone text START to 2444. Turkcell text START to 2555.
— Policy (@policy) 20. März 2014
Auch zahlreiche Twitter-Nutzer gehen kritisch mit dem Verbot um. Unter dem Hashtag #twitterisblockedinturkey tauschen sie sich über den Kurznachrichtendienst aus. Auch diverse Karikaturen sind dort zu finden. Beliebt ist dabei vor allem der Twitter-Vogel, dem der Schnabel zugebunden wurde:
#TwitterisblockedinTurkey #TurkeyBlockedTwitter pic.twitter.com/1RoneMvUJa
— Salât u Selam (@salavatlar) 21. März 2014
Woanders schlägt der Twitter-Vogel auf seine eigene Weise zurück:
Blue birds vs RTE #TwitterisblockedinTurkey pic.twitter.com/0SGzRE3Hnc
— Deniz A. Özgürol (@denizozgurol) 21. März 2014
Selbst der türkische Präsident Abdullah Gül meldete sich über Twitter zu Wort und kritisierte die offenbar von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan betriebene Sperrung. Es sei nicht akzeptabel, Zugangsverbote für soziale Medien zu erlassen, twitterte Gül. Nach einem Gerichtsentscheid dürften nur einzelne Internetseiten blockiert werden, wenn diese den Datenschutz verletzten. Er hoffe, dass die derzeitige Sperrung nicht lange andauern werde, twitterte Gül an die Adresse Erdogans gerichtet.
Sosyal medya platformlarının tamamen kapatılması tasvip edilemez.
— Abdullah Gül (@cbabdullahgul) 21. März 2014
Abdullah Gül: "Es ist nicht zu billigen, dass soziale Medienplattformen vollständig gesperrt werden."
Aus der Regierung werde der Schritt damit begründet, dass Verantwortliche von Twitter Gerichtsentscheidungen ignoriert hätten, schrieb die Zeitung „Hürriyet“. Die Plattform sei verpflichtet gewesen, bestimmte Links aufgrund von Beschwerden türkischer Bürger zu entfernen.
Wenige Stunden zuvor hatte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan seine Drohungen gegen soziale Medien drastisch verschärft. „Twitter und solche Sachen werden wir mit der Wurzel ausreißen. Was dazu die internationale Gemeinschaft sagt, interessiert mich überhaupt nicht“, zitierte die Nachrichtenagentur Anadolu den Regierungschef am Donnerstag. Für Gegner Erdogans sind soziale Medien die wichtigsten Kommunikationsmittel.
dpa/rah