Aus welchem Land stammt Linda de Mol? Wie lautet die Abkürzung des Elements Magnesium im Periodensystem? Oder wer wurde 1982 Fußball-Weltmeister? Mehr als 16 Millionen Menschen haben sich in Deutschland die „Quizduell“-App aufs Smartphone geholt, um mit Freunden und Bekannten oder auch ganz fremden Gegnern zu spielen. Jetzt wird der Rummel im Netz geadelt, denn das Erste Deutsche Fernsehen gewährt der App Zutritt ins Vorabendprogramm. ZDF-Rückkehrer Jörg Pilawa (48) bittet von heute um 18 Uhr an drei Wochen von montags bis freitags zum „Quiz-Duell“.
Mit einer für TV-Zwecke erweiterten App sollen sich die Frage-Freaks live in die Sendung einwählen können und gegen ein Viererrateteam im Studio antreten. Für das Kandidatenquartett geht es um bares Geld, auch für die Mitspieler mit dem Daumen am Smartphone-Minibildschirm. Wie auf der App geht es in Dreierfragerunden maximal über sechs Stufen bis zum Sieg. Gespielt wird in Echtzeit. Die Antwort, auf die die meisten Kandidaten außerhalb des Studios setzen, gilt – so etwas gab es im Fernsehen noch nie.
Erstmals in Deutschland bildet eine Spiele-App die vollständige Grundlage für eine TV-Show. „Für mich ist es auch ein Experiment, weil ich erstmals mit einer nicht sichtbaren Masse an Kandidaten spiele“, sagt Showmaster Pilawa.
Interessant sei dabei, dass die Zahl der App-Mitspieler keinen Rückschluss auf die Einschaltquote zulässt. Ob die Sendung für ihn Langzeitbestand haben wird, steht in den Sternen. Pilawa: „Die zentrale Frage ist: Wie lange bleibt die App populär? Damit steht und fällt die Zukunft. Ich muss keine Livesendung mehr machen, wenn keiner mehr diese App spielen will.“
Die aus England stammende Firma ITV mit deutscher Dependance hat die Show für den Norddeutschen Rundfunk zu einem TV-Konzept weiterentwickelt. Sollte sie beim Publikum einschlagen, wäre der Vorabendsendeplatz des Serienklassikers „Verbotene Liebe“ in Gefahr – aber ob Pilawa den Gewaltakt mit etwa 200 Liveausgaben jährlich packen würde? Das bezweifelt der Moderator sogar selbst.
Auch andere sind skeptisch, dass die Show sich nachhaltig in dem seit Jahren kriselnden ARD-Vorabend halten kann. Der Medienkritiker Bernd Gäbler, früher Chef des Grimme-Instituts in Marl, sieht das Bemühen der klassischen Programmanbieter um die digitale Generation mit Skepsis. „Ich wage die Prognose: Das Publikum der ARD am Vorabend wird zur überwiegenden Mehrheit beim passiven ,lean back’ bleiben“, sagt er und meint damit: Wer im Ersten Ratespiele konsumieren will, gehört nicht zu denen, die sich aktiv auf einem anderen Bildschirm, genannt „second screen“, am TV beteiligen würden, sondern er will einfach nur gucken.
von Carsten Rave