Düngeverordnung: Bauern ziehen nach Kompromiss aus Hannover ab

Die Landwirte, die seit Sonntag vergangener Woche eine Mahnwache in Hannover abhielten, haben ihr Treckercamp vorzeitig beendet. Wie Umwelt- und Landwirtschaftsministerium mitteilten, haben sich die Bauern mit Umweltminister Olaf Lies (SPD) und Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) auf ein gemeinsames Positionspapier zur Düngeverordnung geeinigt. Ein Sprecher der Bauern bestätigte dies. „In langen und konstruktiven Gesprächen mit den Landwirten, die sich an der Mahnwache beteiligen, haben wir jetzt einen guten Kompromiss gefunden“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung der Ministerien – „einen Kompromiss zwischen den wirtschaftlichen Interessen der Landwirtschaft auf der einen und dem noch besseren Schutz unseres Grundwassers vor Nitrat-Überbelastung auf der anderen Seite.“ Auch Bauern sprechen von Erfolg: Dirk Koslowski als Sprecher der Landwirte bekräftigte, dass man nun verstärkt zusammen an einer Lösung arbeiten wolle. „Das ist ein erster Erfolg“, sagte der Milchbauer aus Sittensen (Kreis Rotenburg). Von Anfang kommender Woche an werde eine gemeinsame Arbeitsgruppe nach möglichst zügigen Lösungen suchen. Dabei gehe es darum, Landwirte nicht unter einzelnen Messstellen mit hohen Nitratwerten im Boden leiden zu lassen, deren Belastung sie gar nicht verursacht hätten. An der Arbeitsgruppe beteiligt sind auch Landvolk und Landwirtschaftskammer. Um gegen die aus ihrer Sicht ungerechte Düngeverordnung des Landes zu protestieren, wollten die Teilnehmer von „Land schafft Verbindung Niedersachsen“ ursprünglich bis Freitag abwechselnd mit ihren Treckern Tag und Nacht am Innenstadtring zwischen den beiden Ministerien ausharren. Streit um Nitratmessstellen: Auch Lies äußerte sich optimistisch: „Das gemeinsame Positionspapier ist ein guter Kompromiss zwischen Fragen des Umweltschutzes und der Wirtschaftlichkeit“, sagte er. „Mit dem Papier setzen wir uns weiter ein für die gemeinsame Sache, einen Boden- und Gewässerschutz, der die Belange der Agrarwirtinnen und Agrarwirte nicht außer Acht lässt.“ Auch aus Sicht des Landes sei es nicht zufriedenstellend, dass in Teilen Landwirte zu Betroffenen der Düngebeschränkungen werden, die gar keine Verursacher sind. Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast meinte: „Die Botschaft der Mahnwache ist angekommen.“ Sie sei froh, mit der gemeinsamen Erklärung eine Verständigung erreicht zu haben. Niedersachsen sei vielfältig und benötige flexible, an die Standorte angepasste Lösungen für die sogenannten roten Gebiete, in denen zum Schutz des Grundwassers vor zu viel Nitrat besondere Beschränkungen gelten. „Daran arbeiten wir mit Hochdruck.“ Verständigung auf fünf Punkte: Im Detail hat man sich auf fünf Punkte verständigt: die Umsetzung einer Regionalisierung mit einer präziseren Abgrenzung, eine stärkere Berücksichtigung des Verursacherprinzips, eine verstärkte Einbindung der Landwirtschaft, einen verbindlichen weiteren Fahrplan und mehr Flexibilität bezüglich der Belange der regional unterschiedlichen Anforderungen bei Grundwasserschutz, Anbauverfahren und angebauten Kulturen. Zuletzt rund 30 Bauern, viele von ihnen mit ihren Traktoren aus dem Emsland und ähnlich weit entfernten Regionen angereist, hatten seit zehn Tagen bei zum Teil eisigen Temperaturen zwischen Landwirtschafts- und Umweltministerium kampiert. Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) räumte bereits in der vergangenen Woche bei einem Besuch des Camps handwerkliche Fehler bei der Verordnung ein. „So wie es jetzt ist, ist es noch nicht fair“, meinte sie und kündigte eine Überarbeitung an. Auch der Landvolkverband, in dem die meisten niedersächsischen Bauern organisiert sind, hat die Düngeverordnung scharf kritisiert. Die großräumig in der Fläche verteilten Nitratmessstellen hätten oft gar nichts mit einer Überdüngung durch Landwirte zu tun. Bei Grenzwertüberschreitungen komme es dann zu ungerechtfertigten Beschränkungen der Arbeit der Bauern, deren Feldfrüchte auf die Nährstoffe angewiesen seien. Gegenüber der HAZ äußerten sich Teilnehmer des Bauerncamps erfreut über das Interesse der Stadtbevölkerung an den Belangen der Landwirte. Die Bauern sind auch mit den Erzeugerpreisen, die von den Discountern wesentlich mitbestimmt werden, seit Langem unzufrieden. Otte-Kinast hatte Vertreter der verschiedenen Interessengruppen schon mehrfach zu einer Diskussionsrunde zum Thema geladen und Partei für die Bauern ergriffen. Seit Monaten blockieren Landwirte immer wieder Auslieferungslager der Discounter, um die aus ihrer Sicht ruinöse Preispolitik zu ändern. Von Gabriele Schulte