Warum der Lengeder Wilhelm Meier einst Albert Schweitzer traf

Man kennt das: Wie aus heiterem Himmel kehren fast verschüttete Erinnerungen urplötzlich klar und deutlich vor Augen. So ging es Wilhelm Meier aus Lengede, als er die PAZ-Ausgabe vom 14. September aufschlug. „66“-Redaktionsmitglied Doris Baltrusch berichtete darin unter der Überschrift „Mein Vorbild“, dass sie den Arzt, Theologen und Musikwissenschaftler Albert Schweitzer bewundere und darüber, wie seine Menschenfreundlichkeit ihr Denken und Handeln in ihrem Leben beeinflusst habe. Kontakt durch Patenonkel: „Mein Patenonkel Walter Staats, in den 1950er Jahren Kirchenrat in Braunschweig, kannte den Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer persönlich“, erzählt Meier und tippt mit dem Finger auf das Bild Schweitzers, das er von seinem Patenonkel vor vielen Jahren erhalten hatte. Kirchenrat Staats gehörte außerdem auch dem „Freundeskreis Albert Schweitzer“ an, der regelmäßig Rundbriefe herausbrachte, in denen unter anderem Reden, Briefe und Berichte von und über das Leben so genannten „Urwald-Arztes“ und Tropenmediziners abgedruckt wurden. Rundbrief Nummer 23 vom 14. Januar 1964 bewahrt Meier wie einen Schatz auf, ist dort doch auch jener Geburtstagsbrief abgedruckt, den sein Patenonkel am 11. Dezember 1963 aus „Straßburg im Elsass“ dem aus dem Elsass stammenden „lieben hochverehrten Freund“ anlässlich dessen 89. Geburtstages übermittelte. Darin wünschte er, dass „angesichts des Reichtums in allen sachlichen Gütern, der uns umgibt, dessen wir uns bedienen und erfreuen, nicht anderen predigen und selbst verwerflich erfunden werden können“. Und weiter: „Dein Bild soll uns stets eine Mahnung sein, wie Du mit den Deinen an solcher Selbstbeschränkung in Lambarene noch heute unter unseren schwarzen Brüdern als ihr großer Bruder lebst und wirkst.“ Schweitzer persönlich getroffen: Der 86-jährige Wilhelm Meier erinnert sich voller Bewunderung sowohl an seinen Patenonkel und väterlichen Ratgeber („er hatte stets für mich Zeit“) als natürlich auch an den Menschenfreund, der 1913 das berühmte Urwaldspital gründete und den er bei dessen Besuch in Braunschweig bei seinem Onkel einst sogar kurz kennenlernen durfte. Heute, so weiß Meier, beherberge das Albert-Schweitzer-Hospital Abteilungen für Innere Medizin, Chirurgie, Kinder- und Jugendmedizin, eine Geburtsklinik, eine Zahnklinik und ein Malaria-Forschungslabor. Einladung nach Afrika: „Meinem Patenonkel verdanke ich die Chance, dass ich 1960 die Reise nach Lambarene im afrikanischen Gabun in der Nähe des Äquators zu Dr. Schweitzer hätte antreten können.“ Und wer weiß, wie sich Meiers Leben entwickelt hätte, wäre er der Einladung tatsächlich gefolgt. „Weil 1960 aber unsere Hochzeit geplant war, konnte ich unmöglich verreisen“, erzählt Meier ohne Reue. „Mein Patenonkel hat uns getraut“, erzählt er und tippt auf ein Hochzeitsfoto in Schwarz-Weiß. Familien- und Berufsalltag und Hausbau ließen eine Reise auch später nicht zu. Von Schweitzer geprägt: Die Beschäftigung mit dem Leben und Wirken Schweitzers, der 1965 starb, habe sein soziales Engagement auf unterschiedlichen Ebenen allerdings auch ohne die Reise nach Lambarene geprägt, ist er überzeugt und zählt sein gewerkschaftliches und sozialgesellschaftliches Wirken, die bis heute in Gemeinde und Kirche anhalten, auf. Die schriftlichen und geistigen Erinnerungen an seinen Patenonkel und den Humanisten aus Lambarene bewahrt er dankbar. Und der PAZ-Artikel von Doris Baltrusch liegt nun auch dabei. Von Ulrich Jaschek

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