Forstgenossenschaft: „Wir sägen im Moment keinen gesunden Baum um“

Die Nachfrage nach Brennholz steigt. Wie es geerntet wird, vor welchen Problemen die Forstgenossenschaften dabei stehen und wie man es richtig lagert, erklärt der ehemalige Förster und Vorsitzende der Meerdorfer Forstgenossenschaft, Joachim Hansmann, in der PAZ-Waldserie. Holz lässt sich vielfältig verwenden. Aus älteren, dicken Stämmen werden Bretter und Furniere, jüngeres Holz wird zu Spanholz und Papier verarbeitet oder als Brennholz genutzt. Den besten Brennwert erzielen dabei Laubbäume: Eiche, Esche und Buche. „Der Wald muss regelmäßig ausgelichtet oder durchforstet werden, wie es in der Fachsprache heißt“, erläutert Joachim Hansmann, Vorsitzender der Forstgenossenschaft Meerdorf und ehemaliger Förster. Dadurch, dass junge Bäume entfernt werden, bleibt Platz für die älteren, die weiter wachsen können. Waldarbeiter ernten mit Harvestern: Die Meerdorfer Forstgenossenschaft ist kurz vor Weihnachten mit der Holzentnahme fertig geworden. Geerntet wird mit Harvestern, großen Maschinen, die die Bäume fällen, entasten und in die gewünschte Länge schneiden. Während es früher den Brennholz-Kunden überlassen wurde, ganze Baumkronen selbst mit Treckern oder Radladern aus dem Wald zu schleppen, wird das Holz heute mit Rückemaschinen direkt an die Waldwege gebracht und dort gestapelt. Dadurch sollen die Zerstörung des Waldbodens und Unfälle vermieden werden. Die Forstgenossenschaft Meerdorf besteht aus rund 30 Personen, von denen jede einen Forstanteil besitzt. Dieser ist jedoch nur ideell, denn der Wald wird gemeinsam bewirtschaftet. Der Meerdorfer Wald hat vier verschiedene Eigentümer: Der nördliche Teil ist Staatswald, im Süden wird er von der Forstgenossenschaft Meerdorf bewirtschaftet, im Osten von der Forstgenossenschaft Wipshausen und im Westen von der Forstgenossenschaft Blumenhagen. Die Forstgenossenschaften sind historisch entstanden. „Früher wurden in einem Dorf Moore, Wiesen und Teiche gemeinsam genutzt. Im 19. Jahrhundert wurde dieser Gemeinschaftsbesitz durch eine Landreform neu geordnet“, schildert Joachim Hansmann. Der frühere Förster ist Vorsitzender der Forstgenossenschaft Meerdorf und besitzt im Tadensen selbst einen Forstanteil. „Die Waldflächen wurden den alten Hofstellen zugeordnet.“ So gibt es in Meerdorf etwa 30 alte Höfe, denen allen ein Forstanteil zugeordnet wurde. „Das Forstrecht ist sogar im Grundbuch eingetragen“, so der Meerdorfer. In der Regel werde das Forstrecht vererbt, ein Verkauf komme nur sehr selten vor. „Dass ich vor zehn Jahren meinen Forstanteil bekommen habe, war eine absolute Ausnahme.“ Hansmann hat eine Liste mit Holz-Vorbestellungen. Den Käufern schickt er die GPS-Daten, an denen sie ihren Holzpolter finden oder fährt mit ihnen direkt dorthin. Bevor das Holz aus dem Wald abtransportiert wird, wird es vor Ort zersägt. Dafür müssen die Käufer über einen Sägeschein verfügen und eine Motorsäge und Schutzkleidung haben. In diesem Jahr wurden etwa 250 Kubikmeter Holz von der Meerdorfer Forstgenossenschaft geerntet. „Das ist wenig. In diesem und im vergangenen Jahr wurde nicht groß durchforstet“, sagt Hansmann. Viele Bäume seien vertrocknet. Ursache ist der Klimawandel. „Eichen und Eschen brauchen viel Sonne, Buchen können auch gut Schatten vertragen. Sie wachsen auch in der untersten Etage des Waldes und brauchen wenig Licht“, erläutert der Fachmann. „Fällt starke Sonneneinstrahlung auf ihre Rinde, wird das Kambium darunter zerstört.“ In der Folge hat die Rinde keinen Kontakt mehr zum Stamm, der Baum verliert seinen Schutz, auch der Saftstrom wird unterbrochen. Der Baum stirbt. „Das ist dann wie ein Dominoeffekt, stirbt einer, folgen andere nach, weil sie sich nicht mehr gegenseitig beschatten können“, schildert Hansmann. Andere Bäume werfen bei zu großer Trockenheit ihr Laub vorzeitig ab oder sie verdursteten schlichtweg, wenn der Grundwasserspiegel abgesunken ist. Um Brennholz richtig zu trocknen, braucht es Zeit. „Buche braucht zwei Jahre, Eiche sogar drei Jahre zum Trocknen“, sagt der frühere Förster Joachim Hansmann. Ist das Holz nach Hause transportiert, sollte es schnell gespalten werden, denn so trocknet es besser. Anschließend sollte es trocken, aber vor allem luftig gelagert werden. „Am besten ist es, wenn der Wind durch den Unterstand pfeifen kann“, sagt Hansmann. Wird das Holz zu früh verheizt, rächt sich dies. Zum einen ist der Heizwert von feuchtem Holz nur sehr gering, zum anderen entsteht Holzteer, der sich ablagert und im schlimmsten Fall einen Brand verursachen kann. Auch ein Pilz, der sich durch den Klimawandel vermehrt hat, macht den Laubbäumen zu schaffen: das Kleine Weiße Stängelbecherchen. „Der Pilz braucht zwar feuchtere Bedingungen, aber wir werden im Zuge des Klimawandels auch wieder nassere Jahre bekommen – ein Wechselspiel.“ Indessen hat der Borkenkäfer nahezu den kompletten Nadelholz-Bestand im Meerdorfer Wald aufgefressen. Nachgepflanzt werden darf in dem Fauna-Flora-Habitat (kurz FFH) nach Naturschutzrichtlinien aber nicht, da es sich dem Ursprung nach um einen Laubwald handelt. Auch die Holzmengen, die pro Jahr geschlagen werden dürfen, sind vorgegeben. In Meerdorf dürften auf 100 Hektar Fläche 600 Kubikmeter Holz entnommen werden. „Wir sind in den vergangenen Jahren aber immer darunter geblieben, wir sägen im Moment keinen gesunden Baum um“, betont Hansmann. „Der Wald darf nicht weniger, sondern soll mehr werden.“ Lesen Sie auch Gab es Waldschutz schon im Mittelalter? Eintauchen in Peines grüne Lunge Peine: PAZ-Jahresrückblick 2020 - Das war dieses Jahr in Peine Hauptthema Von Mirja Polreich