Mehrum: Wasserstoff-Kraftwerk als Hoffnungsträger

Die Tage des Steinkohle-Kraftwerks Mehrum sind gezählt, daran gibt es wohl keinen Zweifel mehr. Doch es gibt interessante Überlegungen zur Umwandlung in eine Wasserstoff-Fabrik. Die Wasserstoff-Technologie gilt als zukunftsweisend. Davon will man in der Region profitieren. Zu einem Austausch über diese Gedankenspiele waren neben dem niedersächsischen Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) zahlreiche Fachleute im Kraftwerk zusammengekommen. Gute Voraussetzungen: Schon vor etwa einem dreiviertel Jahr hatte der Geschäftsführer des Kraftwerks die Idee für die Wasserstoff-Fabrik ins Spiel gebracht. „Ich habe einige Telefonate geführt und überall offene Türen eingerannt“, berichtet er. Von allen Beteiligten gesehen würden die hervorragenden Voraussetzungen, die der Standort bietet: Strom aus erneuerbaren Energien ist ausreichend verfügbar. Und es gibt im Umkreis mehrere potenzielle Großnutzer wie VW, die Salzgitter AG und BS Energy, genug Platz und ein ausgebautes Leitungsnetz. „Und mit dem Kraftwerk Mehrum gibt es jemanden, der weiß, wie man Energie erzeugt“, ergänzte der Minister. Forschung in Anwendung übertragen: Thümler wies darauf hin, dass die Wasserstoff-Forschung inzwischen so weit gediehen ist, dass sie in die Anwendung übertragen werden kann und muss. Auch die Bundesregierung sehe in der Wasserstofftechnik Zukunft: Im Nachtragshaushalt für 2020 wurden 75 Millionen Euro Fördergeld eingestellt. „Ziel ist es, Geld für die Wirtschaftsförderung in Innovationen zu investieren“, erklärte die CDU-Bundestagsabgeordnete Ingrid Pahlmann. Nun müsse man versuchen, einen Teil dieses Geldes in die Region zu holen. Ihrer Einschätzung nach seien die Voraussetzungen gut. Lesen Sie auch: Wasserstoff gilt nicht nur in Mehrum als Technologie der Zukunft Idee: Partnerschaft mit Wasserstoff-Campus: Der Peiner CDU-Landtagsabgeordnete Christoph Plett, der Thümlers Besuch im Kraftwerk arrangiert hat, regte eine mögliche Partnerschaft mit dem neuen Wasserstoff-Campus in Salzgitter an, um Sachverstand zu bündeln. Im Campus sollen die Fragen beantwortet werden, die auf dem Weg zur Wasserstoff-Nutzung auftauchen. „Die große Frage, die über allem steht: Ist die Nutzung von Wasserstoff wirtschaftlich darstellbar?“, machte Fieber deutlich. Michael Feldmann vom Anlagenhersteller Siemens wies in diesen Zusammenhang auf die Möglichkeiten der Politik hin, marktregulierende Maßnahmen zu ergreifen. Wie ein Markt entsteht: Matthias Schulz, der für den Gasnetzbetreiber Gasunie tätig ist, hat sich Gedanken gemacht, wie überhaupt ein entsprechender Markt entsteht. Er geht davon aus, dass es Keimzellen geben wird, die zum Beispiel im Großraum Hamburg, im Ruhrgebiet, in Süddeutschland, um Leuna, aber auch in der Region östlich von Hannover. Diese Zellen müssten dann nach und nach miteinander verknüpft werden. Um Fieber hat sich bereits ein Kreis mit Vertretern verschiedener Gruppen formiert, die am Standort Mehrum für eine Wasserstoff-Fabrik interessiert sind. Mit im Boot sind potenzielle Verbraucher, Siemens als Anlagenhersteller, Netzbetreiber, aber auch die Landesregierung und zwei Universitäten, so dass zunächst ein kleiner eigener Markt entstehen könnte, der sich gegenseitig stützt und bedingt. Diese Interessenten haben sich im März bereits beraten und auf eine Machbarkeitsstudie verständigt. Auch der derzeitige Kraftwerkseigentümer, der tschechische EPH-Konzern, ist laut Fieber mit im Boot und unterstützt die Idee. Standort ist ideal: „Aus meiner Sicht ist der Standort so ideal, dass wenn man so ein Kraftwerk hier nicht baut, es wohl nirgends gebaut wird“, zeigt sich Rainer Berkowsky vom Betriebsrat zuversichtlich. Von Kerstin Wosnitza