Bierbergen: 17-Jährige zieht Rehkitz groß

Familie Fasterling aus Bierbergen hat Zuwachs bekommen: Rehkitz Bambi. Die 17-jährige Franziska kümmert sich seit sieben Woche alte Tier und zieht es liebevoll groß. Ganz wie im bekannten Disney-Film hat der kleine Rehbock seine Mutter verloren. Doch mittlerweile geht es ihm dank der Hilfe von Franziska und ihrem Vater Gilbert Fasterling wieder gut. Und eines Tages kann Bambi wieder zurück in die Freiheit, wenn er möchte – die Entscheidung liegt bei ihm selbst. Bambi war erst wenige Tage alt, als Gilbert Fasterling ihn aufnahm. „Ich bin Jagdpächter und bekam eines Abends einen Anruf von der Polizei. Mir wurde mitgeteilt, dass sich Anwohner gemeldet hätten, weil ein Rehkitz an einer Straße in der Nähe schreien würde“, sagt er. Er machte sich auf den Weg zu der Stelle und fand dort das kleine Reh vor. In der Hoffnung, dass die Mutter des Tieres noch auftaucht, brachte Fasterling das Tier auf eine nahe gelegene Wiese. „Eigentlich kommt die Mutter sofort, wenn sie ihr Junges rufen hört“, weiß Fasterling. Doch dies geschah nicht. Schnell wurde gewiss, dass die Rehmutter nicht mehr am Leben ist. Darauf deutete zudem die Unterernährung des Jungtieres hin. „Meine Tochter hat den Anruf der Polizei mitbekommen und wollte das Reh retten“, erzählt der Jagdpächter. „So etwas ist allerdings viel Arbeit.“ „Ich hatte Angst, dass Bambi nicht durchkommt“: Das nahm Franziska gern in Kauf: Die erste Zeit verbrachte das Kitz im Zimmer der 17-Jährigen. „Es war ganz schön anstrengend, besonders, weil ich keine Nacht durchschlafen konnte. Alle drei bis vier Stunden hat das Reh geschrien, weil es hungrig war“, sagt die Gymnasiastin. „Ich hatte auch zuerst Angst, dass Bambi nicht durchkommt.“ Doch das stellte sich zum Glück als unbegründet heraus, dem Kitz geht es gut – und schon nach kurzer Zeit akzeptierte es Franziska als „Ersatz-Mama“. Bambi bekommt täglich spezielle Lämmer-Aufzuchtmilch aus der Flasche, an die sich das kleine Reh erst einmal gewöhnen musste. Noch bis zum Herbst steht die Flaschen-Fütterung auf dem Programm, dann wird Bambi voraussichtlich seine Ernährung umstellen und alles mögliche fressen, was auf der Wiese hinter dem Haus von Franziskas Großmutter wächst. Dort ist gerade Bambis Zuhause, wenn er nicht Zeit rund um Franziskas Elternhaus verbringt, dass direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite steht. Auswilderung Schritt für Schritt: Beide Häuser liegen am Ortsrand, direkt an einer großen Weide. Wenn Bambi älter ist, soll er selbstständig die Wiese hinter dem Haus verlassen und die Gegend erkunden können. So soll sich der Rehbock an die Freiheit gewöhnen und sozusagen Schritt für Schritt ausgewildert werden. Noch ist er mit acht Wochen aber zu klein dafür, erst mit anderthalb bis zwei Jahren wird er ausgewachsen sein. Er folgt Franziska auf Schritt und Tritt, sofern ihm der Sinn danach steht – manchmal erkundet Bambi lieber das Gebüsch, wenn er sein Fläschchen bekommen soll. Dann hat die „Ersatz-Mama“ einen Trick: Sie nähert sich dem Kitz und läuft dann in entgegengesetzte Richtung weg. Gilbert Fasterling erklärt: „Rehe sind Fluchttiere, und wenn die Mutter wegläuft, läuft das Junge hinterher. Es ist auch gut, dass Bambi anderen Menschen gegenüber nicht zutraulich ist – in freier Wildbahn müssen Rehe schließlich scheu sein.“ Dass wegen der Corona-Pandemie kein Schulunterricht stattfand, als Bambi bei Familie Fasterling aufgenommen wurde, kam Franziska gelegen: So hatte die Elftklässlerin viel Zeit, sich um das Kitz zu kümmern. Mittlerweile sind beide ein Herz und eine Seele. „Es ist nicht einfach, ein Rehkitz aufzuziehen, aber es lohnt sich. Wenn es einen mit seinen großen Rehaugen anguckt, geht einem das Herz auf“, sagt die 17-Jährige. Von Dennis Nobbe