Mehrfamilienhaus statt Spielplatz in Edemissen: „Wer hat das genehmigt?“

Viele Anwohner der Straße „Grüne Riede“ in Edemissen sind sauer: Auf dem ehemaligen Spielplatz auf der rund 1300 Quadratmeter großen nahezu dreieckigen Fläche in einer Insellage mitten zwischen ihren Grundstücken entsteht derzeit ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohnungen. „Das ist ein Riesenbunker, der passt hier einfach nicht hin“, ärgern sich beispielsweise Theo und Bärbel Knigge. Häuser entstanden vor 40 Jahren: Das Wohngebiet ist geprägt von Einfamilienhäusern, die vor rund 40 Jahren errichtet wurden. Damals lebten dort – wie es in Neubaugebieten häufig der Fall ist – viele Kinder. „Der Spielplatz in der unmittelbaren Nachbarschaft war für uns damals ein Argument, das Grundstück zu kaufen“, sagt Bärbel Knigge. Er lag eingebettet zwischen den Grundstücken, von denen er gut einsehbar war. Natürlich seien ihre eigenen Kinder längst groß, doch inzwischen gebe es Enkel, die gern zu Besuch kommen. Allerdings sei der Spielplatz in den vergangenen Jahren kaum noch gepflegt worden. Kniehoch hätten dort die Brennnesseln gestanden – zum Spielen habe das nicht gerade eingeladen. Neugier wich Fassungslosigkeit: Es ist gar nicht die Tatsache der Bebauung an sich, die die Anlieger so verärgert. „Als wir gehört haben, dass gebaut werden soll, waren wir zunächst neugierig auf unsere künftigen Nachbarn“, berichtet Theo Knigge. Doch als sich dann herausstellte, was dort entsteht, wich die ursprüngliche Neugier Fassungslosigkeit. „Uns war im Vorfeld nicht klar, was dort entstehen wird. Sicher hätte man sich intensiver damit auseinandersetzen können. Wir haben aber im Nachhinein den Eindruck, dass die Pläne verschleiert wurden“, wettert der Anlieger auch im Namen der Nachbarn. Nicht nur diese fragen sich, wer das genehmigt hat. „Alle, die hier vorbei kommen, schütteln die Köpfe“, sagt Knigge. Schmale Zuwegung: Sorgen bereitet ihm und den Nachbarn die Zuwegung: Sie sei sehr schmal und schlecht einzusehen – da seien Probleme vorprogrammiert. Die Anlieger fragen sich, ob sie für Rettungsdienste oder Feuerwehrfahrzeuge passierbar ist. Außerdem seien drei Eichen gefällt worden, um Platz für das neue Gebäude zu machen. „Und da sprechen die Verantwortlichen immer von einer Wohlfühlgemeinde und davon, dass Edemissen grüner werden soll. Für uns klingt das wie blanker Hohn“, schimpft Knigge. Gemeinde weist Vorwürfe zurück: Die Gemeinde weist die Vorwürfe entschieden zurück. „Der Spielplatz wurde kaum noch genutzt, so dass von der Politik beschlossen wurde, das Gelände umzuwidmen. Selbstverständlich haben wir bei der Änderung des Bebauungsplans alle üblichen und festgeschriebenen Schritte eingehalten. Die Angelegenheit ging durch mehrere öffentliche Sitzungen. Außerdem ging es nur um die Umwidmung des Spielplatz-Areals in eine Wohnbaufläche. An den Vorgaben, was genau gebaut werden darf, wurde nichts geändert“, sagt Sprecher Oliver Völkening. Zwei Vollgeschosse erlaubt: So sei von Anfang an eine Bauweise mit zwei Vollgeschossen erlaubt gewesen. Das Maß des Neubaus entspreche genau der Festsetzung, die seit 40 Jahren für die gesamte Umgebung gelte, betont Völkening. Es hätte also gar keine Handhabe gegeben, das neue Gebäude so nicht zu genehmigen. Eine Baumschutzsatzung gibt es in der Gemeinde Edemissen nicht, so dass Bäume, die nicht besonders geschützt sind, gefällt werden dürfen. Für das Grundstück gab es mehrere Kaufinteressenten, unter denen mit notarieller Aufsicht ausgelost wurde. „Grundsätzlich ist es für eine Gemeinde eine gute Sache, wenn Mietwohnungen entstehen, an denen es derzeit überall mangelt“, sagt Völkening. Die niedersächsische Landes-Bauordnung legt fest, dass eine oberirdische Etage, die über mindestens der Hälfte ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von 2,20 Metern oder mehr hat, als Vollgeschoss zu werten ist. Das oberste Stockwerk gilt als ein Vollgeschoss, wenn es diese lichte Höhe über mehr als zwei Dritteln der Grundfläche des darunter liegenden Geschosses erreicht. Die Vorgeschichte: „Mehrfamilienhaus statt Kinderspielplatz?“ überschrieb die PAZ in der Ausgabe vom 31. August 2015 einen Artikel über die Entwicklung an der „Grünen Riede“. Mit dem Bericht wurde eine bevorstehende Sitzung des Ortsrates angekündigt, in dem dieser Punkt auf der Tagesordnung stand. Bereits 2012 – also drei Jahre zuvor – hatte der Edemisser Ortsrat laut einem Bericht der PAZ empfohlen, den Spielplatz aufzugeben und als Baugrundstück zu verkaufen. Das Grundstück ist rund 1300 Quadratmeter groß. „Angesichts des Zuschnitts und der Lage ist eine Teilung der Fläche in zwei Grundstücke schwierig“, hieß es in der entsprechenden Sitzungsvorlage. Der Gelände sei auf allen Seiten von Hecken umsäumt und haben in den Randbereichen „einen schönen Baumbestand. Aufgrund seiner Größe würde es sich auch sehr gut für eine Mehrfamilienhausbebauung eignen“, so die Vorlage. Planänderung im Juni 2016: Voraussetzung für die Bebauung war eine Änderung des Bebauungsplans, die am 20. Juni 2016 beschlossen wurde und sich auch auf die ehemalige Kläranlagenfläche am Bruchweg bezieht. Auch dort wurde inzwischen Wohnbebauung möglich gemacht und auch umgesetzt. Die Fläche dort ist gut 3000 Quadratmeter groß, wurde in vier etwa gleich große Grundstücke geteilt und bereits bebaut. Von Kerstin Wosnitza

Ärger in Edemissen - Anwohner verärgert über Mehrfamilienhaus statt Spielplatz: „Wer hat das genehmigt?“